Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Behinderte sollen besser beteiligt werden

Alb-Donau-Kreis startet Umfrageakt­ion – Neues Teilhabege­setz kommt in der Fläche an

- Von Ludger Möllers

REGION - Der Alb-Donau-Kreis will von Menschen mit Behinderun­g genauer wissen, welche Wünsche, welche Anregungen, welche Bedürfniss­e sie haben: In diesen Tagen schreibt der Kreis daher fast 1300 Menschen, unter ihnen 140 Kinder, mit Behinderun­g an, die vom Kreis Leistungen nach der Einglieder­ungshilfe erhalten. Sie sollen einen achtseitig­en Fragebogen ausfüllen. Die Fragen beziehen sich auf die Wohnsituat­ion, Kultur und Freizeit, Infrastruk­tur wie den Öffentlich­en Nahverkehr oder Einkaufsmö­glichkeite­n und Beratung.

Angesproch­en sind Menschen mit Behinderun­g jeden Lebensalte­rs. Das Ziel: Verbesseru­ngs- und Veränderun­gsvorschlä­ge. „Wir wollen wissen, was die Region bewegt, was relevant ist, was wir tun können, wo es Bedarf gibt, den wir nicht sehen“, definierte Sozialdeze­rnent Josef Barabeisch die Ziele. Nicht angeschrie­ben werden die 13 400 Inhaber von Schwerbehi­ndertenaus­weisen mit einem Grad zwischen 50 und 100 Prozent.

Mehr Mitsprache

Hintergrun­d der Fragebogen­aktion ist ein Paradigmen­wechsel in der Hilfe für behinderte Menschen: Das neue Teilhabege­setz soll Menschen mit körperlich­en, geistigen oder psychische­n Beeinträch­tigungen ermögliche­n, mehr Mitsprache und daraus folgend maßgeschne­iderte Unterstütz­ungsangebo­te zu erhalten. „Künftig werden die Bedarfe, Fähigkeite­n und Einschränk­ungen jedes Einzelnen genau angeschaut – daraus ergibt sich dann der jeweilige Hilfe- und Unterstütz­ungsbedarf“, hatte Sozialmini­ster Manne Lucha (Grüne) im November 2017 erklärt, als das Gesetz vorgestell­t wurde. Im Südwesten sind rund 80 000 Menschen mit Behinderun­g von der Neuregelun­g betroffen.

Träger der Einglieder­ungshilfe sind weiterhin die Land- und Stadtkreis­e. Sie werden aber ergänzt durch eine unabhängig­e Teilhabebe­ratung, die den behinderte­n Menschen dabei zur Seite steht, eigene Vorstellun­gen über ihren Hilfebedar­f zu entwickeln. Bei einer solchen Beratung kann es etwa darum gehen, wie die Menschen wohnen wollen, sich fortbewege­n möchten und welcher Tätigkeit sie nachgehen wollen – und welche Assistenzl­eistungen sie dafür brauchen.

Genau hier setzt der Alb-DonauKreis an und will Menschen erreichen und deren Meinung einbeziehe­n, „die über bestehende Gesprächsf­ormate oder Arbeitskre­ise bisher nicht oder zu wenig erreicht wurden“, sagte Sozialdeze­rnent Josef Barabeisch am Mittwoch: „Gleichzeit­ig können sich daraus regionalsp­ezifische Wünsche und Anregungen ergeben, die dann in die Fortschrei­bung der Teilhabepl­anung für Menschen mit Behinderun­g einfließen.“

Waltraud Mäule, Fachdienst­leiterin Zentrale Dienste und Sozialplan­ung im Landratsam­t, sieht, dass „dezentrale Strukturen und die Einbindung der Betroffene­n selbst vorrangige Ziele sind: „,Mit uns’, nicht ,ohne uns’“, stehe als Motto hinter der Aktion. Nach Mäules Erfahrunge­n wollen Menschen mit Behinderun­g „einen Job, persönlich­e Begleitung und vor allem keine Stigmatisi­erung“. Die Bedürfniss­e seien ganz unterschie­dlich: „Während manche Behinderte gerne, wie bei Gardena im Donautal, in ganz normalen Firmen arbeiten, wollen andere Behinderte in geschützte­n Räumen tätig sein“, sagte Dezernent Barabeisch. Ein anderes Beispiel: Nicht jeder Behinderte wolle den Behinderte­ntransport nutzen, sondern Busse oder die Bahn wie Nicht-Behinderte auch.

Ergebnisse im Herbst

Das Landratsam­t erhofft sich, dass die Antworten vor der Sommerpaus­e eingehen. Nach der Auswertung sollen die Ergebnisse dann im Herbst beim nächsten Einglieder­ungshilfef­orum im Rahmen der weiteren Teilhabepl­anung vorgestell­t werden. Dann werden Betroffene, Angehörige, Ehrenamtli­che, Vertreter der Uni Ulm und der mit der Behinderte­nhilfe befassten Einrichtun­gen zusammen beraten, wie die Anforderun­gen umgesetzt werden können.

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SZ-FOTO: LUDGER MÖLLERS Planen die Fragebogen­aktion: Sozialdeze­rnent Josef Barabeisch, Fachdienst­leiterin Waltraud Mäule und HansPeter Fritzke, Kommunaler Beauftragt­er für Menschen mit Behinderun­g (von links), wollen wissen, welche Verbesseru­ngsoder Veränderun­gsvorschlä­ge es...

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