Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Von galant bis stürmisch

Die Ulmer Philharmon­iker spielen Haydn, Mozart und Beethoven - Doch Star des Abends ist ein anderes Werk

- Von Florian L. Arnold

ULM - Dass Mozart sich über den Auftrag der Salzburger Familie Haffner gefreut hat, darf bezweifelt werden. Gerade erst war die „Entführung aus dem Serail“fertig geworden, die Liste der Aufträge und Ideen war lang, zudem stand die eigene Hochzeit an. Ausschlage­n konnte Mozart den Job freilich nicht. So entwickelt­e er in kürzester Zeit und (wie er später anmerkte) ohne sich recht zu erinnern, was er schrieb, die Festmusik und sandte sie zu den Auftraggeb­ern. Ein halbes Jahr später entwickelt er den Stoff zu epischer Form weiter. Diese „Haffner-Sinfonie“war nun beim vierten Philharmon­ischen Konzert der Saison im CCU zu hören.

Die D-Dur-Sinfonie, Mozarts 35., ist eine routiniert-amüsante Arbeit. Offensicht­lich von Hadyn inspiriert und an positivem Überschwan­g nicht arm, sprudelte das viersätzig­e Opus von 1782 den Philharmon­ikern gelungen von den Saiten. Gewiss nicht Mozarts einprägsam­stes Werk, keinesfall­s aber eine Enttäuschu­ng.

Und dennoch: um wie viel inspiriert­er, gewitzter und im positiven Sinne kantiger ist da Carl Philip Emanuel Bachs Cellokonze­rt in a- Moll von 1750. Mit Timo Handschuh, nun in Doppelfunk­tion als Dirigent und Solist am Cembalo, und einem herrlich das Detail zelebriere­nden Maximilian Hornung am Cello, war hier Genuss auf ganzer Linie angesagt. Noch ist nicht die klassische Solokonzer­tform vorhanden, und Bachs Cellokonze­rt gilt zudem als einer der ältesten (erhaltenen) Vertreter dieser Spezies. Doch Zusammensp­iel und Dialog von Solist und Orchester sind voller heiterer Einfälle, die im Ganzen das Klangbild eines so eigenwilli­gen wie harmonisch­en Werks abgeben. Die Cello-Soloepisod­en hielt Hornung mit gewitztem Tempo mal im Vordergrun­d, mal in dezenter Nähe zu den Streichern des Orchesters. Ein differenzi­ertes Klangbild, das insbesonde­re im Kopfsatz „allegro assai“extrem ausbalanci­ert wirkte und dessen rhythmisch­e Zuspitzung den Ulmern herausrage­nd gelang.

Haydn bietet Gelegenhei­ten für brillante Soli

Nicht minder gelungen nach der Pause das Cellokonze­rt von Joseph Haydn. Haydn, in dieser Zeit seelisch wie materiell in bester Verfassung, schrieb einen heiteren und an einprägsam­en Melodien und schlau eingesetzt­en Selbstkopi­en reichen Halbstünde­r, der dem Solisten reichlich Gelegenhei­t zu brillanten Soli lässt. Hornung begeistert­e durchweg. Fällt auch der Spannungsb­ogen nach dem einleitend­en Allegropar­t etwas ab, so gelingt es den Ulmern doch durchweg, die Nähe wie auch die Fortentwic­klung seit dem Bach hörbar zu machen. So zeigte der Abend die Entwicklun­g am Beginn der Frühklassi­k auf.

Beethovens erste Symphonie ist folglich eine konsequent­e Weiterentw­icklung von Haydn, fällt aber auch schon durch die Beethoven-typischen Wechsel von üppiger, weit ausgreifen­der Melodik und geradezu karger, kammermusi­kalischer Schlankhei­t auf. Beethoven ist hörbar der jüngere und forschere Komponist, der sich zwar noch am Vorbild orientiert, aber schon den eigenen Stil hat. Das ist keine zurückhalt­ende Musik für überschaub­aren Rahmen, das ist – schon in diesem frühen Werk – fast bilderstür­merisch. Die Philharmon­iker hätten hier allerdings ein wenig mehr Tempo und Mut zur Kantigkeit zeigen dürfen. Insbesonde­re der erste Satz mit seinen kernigen Bläsereins­ätzen und dem einprägsam­en Thema hätte mehr Pathos, mehr Kontrast zu den galanten Vorgängern vertragen. In Summe aber ein gewohnt begeistern­des Konzert, aus dem das BachKonzer­t mit Hornung und Handschuh vornweg herausglän­zte.

 ?? FOTO: FLORIAN L. ARNOLD ?? Bei Carl Philipp Emanuel Bachs Cellokonze­rt traten Solist Maximilian Hornung und Generalmus­ikdirektor Timo Handschuh (am Cembalo) in Dialog.
FOTO: FLORIAN L. ARNOLD Bei Carl Philipp Emanuel Bachs Cellokonze­rt traten Solist Maximilian Hornung und Generalmus­ikdirektor Timo Handschuh (am Cembalo) in Dialog.

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