Kunst mit dem Mut der Verzweiflung
Isabelle Konrad setzt sich künstlerisch mit der täglichen Informationsflut auseinander - Auch ein anderes Projekt der 20-Jährigen kommt gut voran
● WEISSENHORN - Das Projekt „24/7“war schon so gut wie gescheitert – und Isabelle Konrad am Rande der Verzweiflung. Die Weißenhornerin wollte sich für ein wissenschaftliches Projekt jeden Tag dem Dauerbeschuss der Neuigkeiten ergeben: drei Tageszeitungen, Facebook-Updates in festgelegten Abständen, Tagesschau. Die 20-Jährige, die inzwischen Medienkunst an der HfG Karlsruhe studiert, wollte herausarbeiten, was die Menschen bewegt, was wichtig ist. Das Problem: Sie ging in der Nachrichten-Flut unter. „Ich konnte nicht mehr filtern“, erzählt sie. Doch, anstatt die weiße Flagge zu hissen, verwandelte sie „24/7“in ein Kunstprojekt, das nun im Weißenhorner Neuffenschloss zu sehen ist: kein Dokument des Scheiterns, sondern Kunst mit dem Mut der Verzweiflung.
Inspiriert von dem Künstler Jürgen Klauke, der Anfang der 80er- Jahre Langeweile zum Thema einer Fotound Videoarbeit machte, verarbeitete Konrad ihre Überforderung kreativ. Sie brachte all die Zeitungen, ausgeschnittenen Artikel und ausgedruckten Facebook-Beiträge in ein Hochschulatelier. Dort machte sie Video- und (mit dem Selbstauslöser) Schwarzweiß-Fotoaufnahmen von sich selbst im Kampf mit den gedruckten Informationen: wütend und schreiend, das Papier zerreißend, manchmal aber auch erschöpft und resigniert. Zwar konzeptuell durchdacht, aber nicht bis ins Detail geplant, sondern spontan, performativ, fast tänzerisch. Zwölf Stunden lang.
Gewinnerin des Jugendkunstpreises Weißenhorn
Eine Arbeitsweise, die gut zu Isabelle Konrad passt, denn Spontaneität und eine gesunde Respekt- und Angstlosigkeit begleiten sie schon seit einigen Jahren. 2014 gewann sie den Jugendkunstpreis Weißenhorn. Er habe schon damals gemerkt, welches Potenzial in Konrad steckt, sagt Weißenhorns Museumsleiter Matthias Kunze. 2015, immer noch minderjährig, reichte sie selbstbewusst eine Fotoarbeit bei der altehrwürdigen „Triennale Ulmer Kunst“ein – und schaffte es in die Endauswahl. Nicht zuletzt arbeitet sie seit 2017 auch an ihrem eigenen Spielfilm „Small Deaths“, der im Herbst fertig werden soll. Normalerweise mache man so etwas als Abschlussarbeit, sagt sie und lacht. „Aber ich fahre ganz gut, wenn ich nicht nachdenke.“
Dieser Geist des Einfach-mal-Machens ist es auch, der die zur Reihe „Moderne im Schloss“gehörende Ausstellung sehenswert macht. Was sofort auffällt, ist die filmische Ästhetik: Die Bilder zeigen Bewegungen, nicht Zustände. Sie mache keinen Unterschied zwischen ihren Fotound Videoarbeiten, erstere betrachte sie als Standbilder aus Videosequenzen. Besonders gelungen ist dies bei dem mehrteiligen Exponat, das die Ausstellung abschließt: Die Serie zeigt, wie sich die zunächst komplett von Zeitungspapier umhüllte Konrad langsam von diesem befreit – und am Ende selig ein Nickerchen auf den zerknüllten Nachrichten macht. Zu viel Information macht müde. Sehr müde.
Projekt 24/7“von Isabelle Konrad läuft noch bis 6. Mai. Geöffnet an den bekannten Geschäftszeiten sowie Samstag und Sonntag, jeweils 14 bis 17 Uhr.