Dreieinhalb Jahre Haft nach Überfall auf Nachbarn
Jugendstrafe für 20-Jährigen aus Altenstadt - Einweisung in Entzugsklinik
ALTENSTADT/MEMMINGEN (feema) - Ein 20-jähriger Mann aus Altenstadt, der seinen Nachbarn angegriffen hatte, ist vor dem Memminger Amtsgericht zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden – und muss sich in eine Entzugsklinik begeben. Er hatte den heute 60-Jährigen attackiert, um mit dessen Auto nach Sachsen fahren zu können, was er aber nicht tat. Zunächst lautete der Vorwurf versuchter Mord. Doch davon distanzierte sich die Strafkammer.
Bereits zum Auftakt des letzten Prozesstages verkündete der Vorsitzende Richter Jürgen Hasler, dass ein versuchtes Tötungsdelikt nicht vorliege. Die Kammer gehe von gefährlicher Körperverletzung aus. Dem stimmte Staatsanwalt Thomas Hörmann zu: Der Angeklagte habe das Brotmesser zwar gehalten, aber nicht auf den Nachbarn eingestochen. Und als ein weiterer Hausbewohner das Zimmer betrat, weil ihn Hilferufe aufgeschreckt hatten, hätte der Angreifer von dem Mann abgelassen. Zudem hätte der Angeklagte Skrupel gehabt, die Attacke überhaupt auszuführen und habe sich bei der Polizei gestellt.
Hörmann forderte eine Jugendstrafe von drei Jahren und acht Monaten und die Unterbringung des Mannes in eine Entziehungsanstalt. Der 20-Jährige neige dazu, viel Alkohol und Drogen zu konsumieren – auch in jener Nacht 2017 hatte er Alkohol im Blut. Verteidiger Michael Bogdahn verlangte ebenfalls eine Therapie für seinen Mandanten – und eine Strafe insgesamt drei Jahren und zwei Monaten.
Motiv bleibt unklar
Warum der Mann, der weder eine abgeschlossene Ausbildung noch einen Schulabschluss hat, den Wagen seines Nachbarn auf so brutale Art stehlen wollte, blieb unklar. Staatsanwalt Hörmann vermutete, dass die familiäre Situation ein Motiv dafür gewesen sein könnte. Ein psychiatrischer Gutachter hatte gemutmaßt, dass der 20-Jährige nicht damit klar komme, getrennt von seiner Bezugsperson – dem Stiefvater – zu leben, ebenso mit der Tatsache, dass dieser nicht sein richtiger Vater sei. „Man erlebt hier viel, aber diese Tat steht in der Rangliste der schwachsinnigsten Taten ganz weit oben“, sagte der Staatsanwalt. Dieser Meinung war auch der Vorsitzende Richter. „Die Tat macht überhaupt keinen Sinn.“Das Vorgehen sei nur durch die Lebensgeschichte und aufgrund eines Alkoholund Drogenkonsums zu erklären.
Dass der Angeklagte bei der Polizei zunächst gesagt hatte, er wollte dem Nachbarn die Kehle durchschneiden, sei wohl mangelnder Aufmerksamkeit geschuldet, so Hasler. Die Anwältin des Nachbarn, Cecile Behrendt, sagte, ihr Mandant leide unter der Attacke, für ihn sei es ein Mordversuch gewesen. Dennoch komme auch sie zu dem Schluss, dass kein Tötungsdelikt vorliege. Auf Rechtsmittel wurde verzichtet.