Tauziehen um den Gipfel
Nach Trumps Absage trifft Kim Südkoreas Präsident Moon
SEOUL/WASHINGTON (dpa/AFP) US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Machthaber Kim Jongun ringen auf offener Weltbühne um ein Treffen in Singapur. Kim traf am Wochenende überraschend ein zweites Mal binnen weniger Wochen den südkoreanischen Präsidenten Moon Jae-in, um den zuletzt von Trump abgesagten Gipfel am 12. Juni doch noch zu ermöglichen. Verhandelt werden soll über die Frage, wie Nordkorea zur Abrüstung seiner Atomwaffen gebracht werden kann.
Auch US-Präsident Trump ließ durchblicken, dass er weiter an dem Treffen interessiert ist und wieder an den Termin am 12. Juni glaube. Einem Bericht der „Washington Post“zufolge schickte Washington am Sonntag ein Verhandlungsteam unter Leitung des früheren Atomunterhändlers Sung Kim an die Demarkationslinie zu direkten Gesprächen mit Vertretern Nordkoreas. Allerdings zweifeln in den USA viele Experten an der Verhandlungskompetenz der Trump-Administration.
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TOKIO/SEOUL - Völlig überraschend sind am Samstag Nordkoreas Machthaber Kim Jong-Un und der südkoreanische Staatschef Moon Jae-In für zwei Stunden auf der Nordseite des Grenzkontrollpunktes Panmunjom zusammengetroffen. Wie das Präsidialamt in Seoul mitteilte, stimmten sich beide Staatsführer über einen gemeinsamen Weg ab, um das Gipfeltreffen zwischen Kim und US-Präsident Donald Trump doch noch möglich zu machen. Dabei bekräftigte der nordkoreanische Führer seinen „festen Willen“, so schnell es geht mit dem Chef des Weißen Hauses zusammenzutreffen.
Staatschef Moon informierte am Sonntag in Seoul die Presse über die Ergebnisse seiner zweiten Zusammenkunft mit Kim Jong Un innerhalb eines Monats. Beide Politiker hatten sich bereits am 27. April zu einem historischen Gipfel an selber Stelle getroffen. Diesmal ging die Initiative von Pjöngjang aus. Dabei habe Kim seinen Willen zur kompletten atomaren Abrüstung auf der Koreanischen Halbinsel klargemacht, sagte Moon.
Gipfel mit Trump bleibt das Ziel
Mit dem Überraschungsgipfel in Panmunjom, dem weitere Spitzentreffen folgen sollen, ist der interkoreanische Dialog auf eine neue Stufe gehoben worden. Ziel war ganz offensichtlich, das erste Gipfeltreffen Trump-Kim am 12. Juni in Singapur zu retten. Am zurückliegenden Donnerstag hatte das Weiße Haus diesen Termin abrupt abgesagt. Kurz darauf vollzog der US-Präsident jedoch erneut eine Kehrtwende und stellte in Aussicht, sich – vielleicht sogar wie ursprünglich vereinbart – am 12. Juni in dem südostasiatischen Stadtstaat zu begegnen.
Nach diesem amerikanischen Zickzack-Kurs wollen beide Koreas sich offenbar nicht länger von der Washingtoner Administration an der Nase herumführen lassen und ergreifen nun von sich aus die Initiative, um Trump unter Druck zu bringen.
Nordkorea ließ in diesem Zusammenhang verlauten, Kim Jong Un habe „jede nur mögliche Anstrengung“unternommen, um den Gipfel möglich zu machen“. Pjöngjang betrachte dieses Treffen mit Trump als „dringend nötig“und sei dem Präsidenten für seine Bereitschaft zu einem Spitzengespräch mit dem Obersten Führer von „Herzen dankbar“. Dies sei eine Entscheidung, die frühere US-Präsidenten nicht gewagt hätten.
Der Ball liegt jetzt in Washington
Damit hat Nordkorea sehr geschickt den Ball auf die amerikanische Seite gespielt. Pjöngjangs Kalkül: Kommt es nicht zum Gipfel oder kommt es bei der Begegnung zum Eklat, haben die USA Schuld, wenn die Diplomatie scheitert. Diese Strategie funktioniert am besten, wenn es dem Norden gelingt, auch Südkorea auf diese Position zu ziehen.
Seoul will nach 75 Jahren Waffenstillstand unbedingt und endlich einen verlässlichen Frieden an seiner Land- und Seegrenze und ist bereit, dafür beinahe jeden Preis zu zahlen. Möglicherweise nimmt Staatschef Moon sogar in Kauf, einen Keil in die amerikanisch-südkoreanische Militärpartnerschaft zu treiben.