Billigere Importautos für China
Vor allem deutsche Automobilhersteller dürften von Zollsenkung profitieren
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PEKING - Erst ein paar Tage ist es her, dass China die Einfuhrzölle auf Automobile und Teile reduziert hat. Und schon haben fast alle Autobauer angekündigt, die Preise für ihre Importmodelle zu senken. Als erstes reagierte Tesla – und reduzierte den Preis für die importierten Elektrowagen Model S und Model X um gut sechs Prozent. Noch am selben Tag verkündete Jeep einen Nachlass von 8,3 Prozent für den Grand Cherokee. Mercedes folgte einen Tag später mit Rabattplänen.
Chinas Zollsenkung fällt in das Ringen um eine Lösung des Handelsstreits mit den USA. Profitieren werden allerdings vor allem deutsche Autobauer. Denn sie exportieren viel mehr Autos nach China als die Amerikaner – und zwar in der Regel die teuersten Modelle ihrer Palette: Die Mercedes S-Klasse, den 7er BMW oder den Audi A8.
Export-Weltmeister nach China ist BMW: Die Münchner führten nach eigenen Angaben 2017 mehr als 200 000 Autos nach China ein – aus Deutschland und aus einem Werk in den USA. Es folgt nach Daten des chinesischen Händlerverbandes Daimler mit gut 183 000 verkauften Importwagen. Daimler habe die Preisempfehlung an seine Händler „mit sofortiger Wirkung“an die niedrigeren Zölle „angepasst,“sagte eine Sprecherin in Peking. Etwas vager drückte sich BMW aus: „Wir werden unser Preissystem überprüfen und entsprechende Maßnahmen einleiten.“
Preissenkungen geplant
Auch Audi, Porsche, Volvo, Ford, Toyota, Jaguar Land Rover und andere kündigten baldige Preissenkungen an. Damit profitieren auf jeden Fall die chinesischen Käufer der Importwagen, die überwiegend Premiummodelle sind. Aufgrund der hohen Zölle kosten diese Autos in China bisher deutlich mehr als auf dem Weltmarkt.
Unklar ist, wieviel die Autobauer nach der Rabattwelle noch selbst an den niedrigeren Zöllen verdienen. Mercedes plant unterschiedliche Rabatte je nach Modell. Auf Autos entfallen ab Juli 15 statt bisher 25 Prozent Einfuhrzoll.
Experten begrüßen die Zollsenkungen – nicht zuletzt, da sie auf eine Entspannung im Handelsstreit hoffen lassen. „Man kann nicht von der Hand weisen, dass es gewisse Ungleichgewichte zugunsten Chinas gibt“, sagte etwa Autoanalyst Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler in Frankfurt. Mit Ausnahme von Pickups verlangen die USA nur 2,5 Prozent Zoll auf Importautos. Washington droht allerdings derzeit mit einer Erhöhung. „Wir begrüßen die Ankündigung der chinesischen Regierung. Es ist ein starkes Zeichen, dass China seinen Weg der Öffnung fortsetzt“, teilte BMW in München mit.
Weniger im Blickpunkt stehen die Zollsenkungen für Autoteile. Für diese wird ab Juli ein Einheitszoll von sechs Prozent gelten – statt wie bisher acht bis 25 Prozent in fünf Kategorien. Ob dies die Ausfuhren aus Deutschland nach China wesentlich erhöhen wird, bezweifelt allerdings Thomas Heck, Leiter der China Business Group bei PricewaterhouseCoopers: „Viele deutsche Zulieferer, auch Mittelständler aus BadenWürttemberg, sind bereits mit zahlreichen Produktionsstandorten in China vertreten und bauen diese auch aus.“Die Nähe zu ihren Kunden zog die Zulieferer nach China, ebenso wie der von Peking gewünschte hohe Lokalisierungsgrad der Produktion.
ZF sieht Zollsenkung positiv
So erwartet auch der Zulieferer ZF in Friedrichshafen keinen Exportboom für Teile nach China. „Um im chinesischen Markt langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen wir die Kaufteile so weit wie möglich aus China beziehen“, betont Materialwirtschaftsvorstand Wilhelm Rehm. „Unsere globale Einkaufsstrategie zielt darauf ab, die lokalen Bezüge weiter auszubauen und somit die Importe von Zulieferteilen für unsere in China gefertigten Produkte zu reduzieren.“
ZF produziere vor allem vor Ort – und das quer durch die Produktpalette, vom 6-Gang Automatikgetriebe über Fahrwerkkomponenten bis zu Airbags oder Lenkungen. Trotzdem sieht ZF die Zollsenkung laut Rehm „sehr positiv“, denn: „Sofern technologisch erforderlich, erfolgen auch Komponentenlieferungen aus deutschen Produktionswerken, die zollpflichtig nach China eingeführt werden.“Gerade sensible HightechTeile sind es, die viele Zulieferer nach wie vor in Deutschland herstellen – nicht zuletzt, um ihr geistiges Eigentum zu schützen.
Zwar halten Importautos in China einen Marktanteil von nur 4,2 Prozent. Trotzdem kann die Zollsenkung Folgen für den Gesamtmarkt haben – und damit für alle Autobauer, die wie VW oder General Motors in großem Stil in China produzieren. „Die bevorstehenden Preisnachlässe im oberen Segment werden mit der Zeit die Autobauer zwingen, die Preise auch für lokal produzierte Autos zu senken“, glaubt Yale Zhang, Direktor von Automotive Foresight in Schanghai. Dies werde also am Ende auch normale Autos des Massenmarkts betreffen – einschließlich lokaler preiswerter Marken. Der Preisdruck war auf dem chinesischen Markt schon immer sehr groß. Automanager gehen nun davon aus, dass der Absatz von Importwagen bis Juli zum Stillstand kommt: Die Kunden werden abwarten, welche Marken die Preise am meisten senken.