Der Liederkranz ist zurück
Der Biergarten in der Friedrichsau wird dieses Jahr vom Teutonia-Chef bewirtet
●
ULM - Der Liederkranz in Ulm ist ein Schmuckstück von einem Biergarten: Der alte Baumbestand und der Charme des um 1903 erbauten Gasthauses inklusive eines offenen Sänger-Podiums sucht rund um Ulm seinesgleichen. Seit gut einer Woche ist der Biergarten wieder geöffnet: Stefan Beilhardt, der Geschäftsführer des benachbarten ehemaligen Konkurrenten Teutonia, hat von der Stadt den Zuschlag für die Bewirtung bekommen. Allerdings erstmal nur für eine Saison. Und nur für den Außenbereich. Selbst die Stromleitungen dürfe Beilhardt aus Sicherheitsgründen nicht nutzen und muss eine Baustromanlage errichten.
Der Liederkranz ist baufällig: Auf 700 000 bis 800 000 Euro schätzt ein von der Stadt beauftragter Gutachter die Sanierungskosten. Wie es mit dem offenbar nicht denkmalgeschützten Gebäude weitergeht, muss der Ulmer Gemeinderat als Entscheidungsorgan des Eigentümers diskutieren.
Dass der Stadt das Geld wenn es um ihre Biergärten geht nicht gerade locker sitzt, weiß Beilhardt längst aus eigener Erfahrung. Auch „seine“Teutonia gehört der Stadt und die Bereitschaft, etwa in die Sanitäranlagen zu investieren, sei gering. Eine Umlage der Sanierungskosten auf die Pacht hält Beilhardt für nicht realistisch. Denn das Risiko für Gastronomen in der Friedrichsau sei sehr hoch: Bei Sommer, Sonne und Sonnenschein komme er oft zwar kaum hinterher. Wenn das Wetter aber nicht passt, verläuft sich kein Kunde in die Au. Ohnehin könne er im Grunde nur in vier Monaten im Jahr Geld verdienen. Doch Kosten habe er zwölf Monate, denn einen Küchenchef etwa könne er nicht jedes Jahr aufs Neue suchen.
Gerne würde Beilhardt in Zukunft auf Dauer Teutonia und Liederkranz betreiben. „Das Potenzial in der Au ist längst nicht ausgeschöpft.“Deswegen ist der Gastronom auch Gründungsmitglied des Vereins Indauna, der die Friedrichsau wieder wachküssen will. Denn die Massen finden im Gegensatz zu früher nur noch am Schwörmontag den Weg „in d’Au na“.
Verein will Kultur beleben
25 Mitglieder hat der Verein um Stadtrat Thomas Kienle sowie Oxana Arkaeva, die von 2009 bis 2015 festes Ensemblemitglied am Theater Ulm war. Die Sängerin will zusammen mit dem Verein eine Vielzahl an kulturellen Veranstaltungen in der Au etablieren. Von „Babykonzerten“(für die allerkleinsten Musikliebhaber) über Operette und Musical bis hin zu Rock stehen an.
„Es ist unglaublich“, sagt Arkaeva über den Zuspruch für den Verein. Innerhalb weniger Stunden nach einem Aufruf über soziale Netzwerke habe sie mehr als 60 Projekt-, Eventsund Konzertvorschläge zugesandt bekommen. Der Verein organisierte auch einen „Liederkranz-Clean-Up“, bei dem Freiwillige im Mai gegen Freibier und eine Freikarte für eine Veranstaltung nach Wahl in der Au das Gelände aufräumten.
Die Geschichte der Friedrichsau in musikalischer Hinsicht sei etwas ganz besonders: Sieben Gesangvereine habe es einmal in den „Gesellschaftsgärten“am Ende des 19. Jahrhunderts gegeben. Noch heute leben drei Namen davon in der Gastronomie weiter: Liederkranz, Teutonia und die Hundskomödie. In letzterer ist heute eine Pizzeria, deren Geschäftsführer bislang kein Interesse gezeigt habe, das alte kulturelle Erbe als Vereinsmitglied wiederzubeleben.