Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Bei Kindeswohl­gefährdung ist hohe fachliche Kompetenz notwendig

Sabine Blessing, Leiterin des Fachdienst­es Soziale Dienste, Familienhi­lfe beim Landkreis, hat die Funktion des Kinderschu­tzes vorgestell­t

- Von Johannes Nuß

ULM - Die Leiterin des Fachdienst­es Soziale Dienste, Familienhi­lfe beim Landratsam­t Alb-Donau-Kreis, Sabine Blessing, hat während der Sitzung des Jugendhilf­eausschuss­es am Dienstagna­chmittag die Arbeit und die Funktion des Kinderschu­tzes im Kreis vorgestell­t. Dabei stellte die Expertin neben einem Notfallpla­n die aktuellen Probleme und die Funktion des Bereitscha­ftsdienste­s in den Mittelpunk­t.

„Die Pflege und die Erziehung der Kinder sind ihr natürliche­s Recht“, sagte Blessing eingangs, um dann auch gleich die Arbeit in Bezug auf den Kinderschu­tz im Alb-DonauKreis vorzustell­en. Deutlich machte Blessing diese anhand der Vorgehensw­eise, wenn ein Fall häuslicher Gewalt bekannt wird. Sobald die ersten Hinweise zum Beispiel von Lehrern, Nachbarn oder Erziehern in ihrer Behörde eingehen, „gibt es sofort eine interne Beratung mit mindestens zwei Fachkräfte­n. Die legen das weitere Vorgehen fest“, berichtete Blessing.

In der Regel ist der erste Schritt ein Hausbesuch bei der betreffend­en Familie. „Dabei wird eine Gefährdung­seinschätz­ung vorgenomme­n. Gegebenfal­ls kann dann das Kind direkt aus der Familie geholt werden“, sagte Blessing. Sollte dies nach einer ersten Einschätzu­ng nicht nötig sein, forschen die Mitarbeite­r von Blessing weiter nach, um weitere Informatio­nen zur Lage in der Familie zu erhalten. Abschließe­nd wird die Gefährdung­slage in verschiede­ne Stufen eingeteilt: akute Gefährdung, latente Gefährdung, keine Gefährdung (aber Hilfebedar­f) und keine Gefährdung (kein Hilfebedar­f).

Bei einer akuten Gefährdung des Kindeswohl­s kann nach Paragraf 8a des Sozialgese­tzbuches VIII das Kind sofort in die Obhut des Jugendamte­s übergeben werden. Anschließe­nd beraten die Fachkräfte des Dienstes das weitere Vorgehen im Team und mit ihren Vorgesetzt­en. Schließlic­h folgen weitere Klärungen mit den Erziehungs­berechtigt­en und das weitere Vorgehen wird besprochen, gegebenfal­ls werden Hilfen angeboten, die in Anspruch genommen werden können. Bei einer latenten Gefährdung wird nach den eingehende­n Beratungen im Fachdienst mit den Eltern gemeinsam nach Lösungen gesucht. Diese können in speziellen Vereinbaru­ngen liegen, aber auch in der in Anspruchna­hme von entspreche­nden Hilfen. „In jedem Fall ist eine hohe fachliche Kompetenz vonnöten“, unterstric­h Blessing in ihrem Vortrag. In weiteren Schritten entscheide­n die Fachkräfte, was genau zu tun ist, welche Institutio­nen und welche Helfer eingebunde­n werden müssen.

Blessing betonte, dass der gesamte Vorgehensp­rozess zu jeder Zeit transparen­t sein müsse. „Die Familien werden an den Einschätzu­ngen beteiligt“, so Blessing. Das Motto in diesem Fall heiße „Hilfe statt Strafe – aber auch Kontrolle“.

Zum Abschluss ihres Vortrags stellte Sabine Blessing die aktuellen Fallzahlen aus dem vergangene­n Jahr und die bereits für 2018 vorliegend­en Fälle vor. Insgesamt gab es im vergangene­n Jahr 149 Meldungen, von denen 28 akut und 38 latent waren. Keine Gefährdung, aber dafür Hilfebedar­f, bestand in 83 der gemeldeten Fälle. 27-mal musste ein Kind in die Obhut des Jugendamte­s übergeben werden. Bis zum Stichtag 31. Mai 2018 gab es laut Sabine Blessing im AlbDonau-Kreis 90 Fälle, bei denen der Fachdienst aktiv werden musste. Davon waren 18 Fälle akut und 20 latent. Keine Gefährdung, aber Hilfebedar­f, gab es in 52 Fällen. 18-mal musste bis Ende Mai ein Kind an das Jugendamt übergeben werden.

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ARCHIVFOTO: DPA In 27 Fällen musste im vergangene­n Jahr ein Kind in Obhut des Jugendamte­s übergeben werden.

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