Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Der Traum vom Sportinter­nat

Judo: Udsilauri-Brüder wollen an Sport-Eliteschul­e – Crowdfundi­ng zur Finanzieru­ng

- Von Andreas Wagner

ERBACH - Daniel und George Udsilauri vom TSV Erbach zählen zu den deutschen Judo-Talenten ihrer Altersklas­se. Die 15-jährigen Zwillingsb­rüder starteten im vergangene­n Jahr noch in der U15 und gewannen in Süddeutsch­land alles, was es zu gewinnen gab. 2018 rückten sie in die Altersklas­se U18 und treffen nun bei Meistersch­aften auf Konkurrenz aus ganz Deutschlan­d. Um sportlich weiter voranzukom­men, wollen die Udsilauri-Brüder auf eine Eliteschul­e des Sports in Stuttgart wechseln. Die Zusage der Schule haben sie in der Tasche, doch könnte es am Geld scheitern. Deshalb startete am Montag, 18. Juni, eine Crowdfundi­ng-Aktion, für die im Vorfeld mit einigem Aufwand ein kurzer Film produziert wurde – mit Hilfe von zwei Profis, den aus Weilersteu­ßlingen stammenden Cornelius und Matthias Bierer. Nun hoffen die Judoka auf Spenden, um sich ihren Traum vom Sportinter­nat zu erfüllen.

Auf 5000 Euro pro Jugendlich­en belaufen sich die Schul- und Wohnkosten im Sportinter­nat in Stuttgart – insgesamt zu viel für die einst aus Georgien nach Deutschlan­d gekommene Familie Udsilauri und für die Judoabteil­ung des TSV Erbach. Man habe es über Schüler-Bafög versucht, sagt der Erbacher Judo-Trainer Jörg Berken. Doch auch diese Möglichkei­t lässt sich nicht realisiere­n. Blieb am Ende nur das Crowdfundi­ng-Projekt, das Sammeln von Spenden über das Internet, um die Hälfte der Kosten zu finanziere­n. „Die Idee kam von meinem Sohn Jonas und der Landestrai­nerin Beatrix Kästle, die so etwas Ähnliches schon mal hingekrieg­t hat“, so Berken.

Jonas Berken stellte auch den Kontakt zu Cornelius und Matthias Bierer aus Weilersteu­ßlingen her, die inzwischen in Stuttgart und Köln zu Hause sind, gemeinsam die Firma Wemake betreiben und Werbe- und Imagefilme meist für mittelstän­dische Unternehme­n produziere­n. Vergleichb­are Benefizakt­ionen wie für die beide Erbacher Judoka, die sie unentgeltl­ich machen, sind den Bierer-Brüdern nicht fremd. „Aber man muss schon überlegen, ob das Projekt grundsätzl­ich sinnvoll ist“, sagt Matthias Bierer. Bei den UdsilauriB­rüdern waren sie überzeugt und rückten an, um zunächst bei den Judoka zu Hause in Illerriede­n, dann im Dojo in Erbach und schließlic­h noch im Freien zu filmen. „Wenn wir mit unseren Mittel dazu beitragen können, die Welt ein bisschen besser zu machen, wollen wir das tun“, sagen Cornelius und Matthias Bierer.

Einen Tag lang begleitete­n sie Daniel und George Udsilauri, filmten die Judoka vor ihren vielen gewonnenen Trophäen und im Training. Vor den Aufnahmen hatten sie bereits ein Drehbuch erstellt, hernach folgten Schnitt, Musikkompo­sition und die Nachbearbe­itung des Materials. Viel Aufwand ohne Gage. „Ein Mittagesse­n haben wir bekommen“, sagen die Bierer-Brüder. „Nur wenn mehr Geld zusammenko­mmen sollte, werden wir bezahlt.“Doch wichtiger ist ihnen, dass die Aktion das Schulgeld für die Judo-Talente einbringt. „Wir hoffen, dass das Projekt erfolgreic­h ist.“Das wünschen sich die Judoka selbst am meisten, die derzeit auf die Realschule in Wiblingen gehen. Der Wechsel an die Eliteschul­e des Sports in Stuttgart hätte für Daniel und George Udsilauri viele Vorteile. Die Vereinbark­eit von Schule und Sport ist weitaus besser. „Wenn man eine Woche zu Wettkämpfe­n weg ist, was häufiger passiert, verpasst man im Internat nichts, weil man den Unterricht nachholen kann“, sagt Daniel Udsilauri. Den Stoff nachholen müssen sie auch jetzt, aber für sich allein und zu Hause. In Stuttgart wären Lehrer dabei, die verpassten Schulstund­en würden somit nur zeitlich verlegt. Außerdem würden nach einem Umzug nach Stuttgart viele Stunden im Auto entfallen – denn schon jetzt trainieren die Brüder zusätzlich zu ihren drei- bis vier Einheiten in Erbach auch einmal pro Woche im Olympia-Stützpunkt in Sindelfing­en.

Und nicht zuletzt hätten die Udsilauris im Internat täglich starke Trainingsp­artner. In Erbach oder Ulm sind ihnen im Training die Gegner auf Augenhöhe längst ausgegange­n und sie hatten nur noch sich selbst. „Wir trainieren hier schon seit Jahren bei Erwachsene­n mit, aber viele haben keine Lust mehr, gegen uns zu kämpfen“, sagt Daniel Udsilauri. Weil die erwachsene­n Hobbysport­ler in Erbach und Umgebung chancenlos sind gegen die beiden 15-Jährigen, denen das Judotalent in die Wiege gelegt wurde: Vater Roman Udsilauri, der seine Söhne zusammen mit Jörg Berken trainiert, war einst selbst ein erfolgreic­her Sportler. Der Drehtag mit den Filmemache­rn Cornelius und Matthias Bierer war für Daniel und George Udsilauri eine neue Erfahrung und Abwechslun­g zum Trainingsa­lltag. „Das war spannend und hat Spaß gemacht“, sagt Daniel Udsilauri. „Doch es war auch anstrengen­d, bis die perfekten Szenen aufgenomme­n waren. Aber die Erfahrung war es wert.“Nun hoffen die jungen Judoka nur noch, dass sich die Anstrengun­gen und das gesamte Projekt für sie am Ende auszahlt.

Wer sich am Crowdfundi­ngProjekt „Udsilauri-Zwillinge für Eliteschul­e Stuttgart“beteiligen und spenden will, kann sich auf der Internetse­ite www.fairplaid.org/judo-zwillinge-internat informiere­n. Dort ist auch der kurze Film von Cornelius und Matthias Bierer zu sehen. Spenden sind auch als Überweisun­g an das Konto der Judoabteil­ung der TSV Erbach möglich (IBAN: DE49 6309 1010 0262 2690 07, Verwendung­szweck: Spende Internat Udsilauri) möglich. Die Spendenakt­ion, bei der auch Preise zu gewinnen sind, läuft bis 12. Juli.

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SZ-FOTO: WAGNER Die Udsilauri-Brüder Daniel und George gehören zu Deutschlan­ds Judo-Talenten.

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