„Trockene Tage, kalte Nächte“
Wetterexperte Roland Roth blickt auf das Southside-Festivalwochenende
NEUHAUSEN OB ECK - Sommer, Sonne, Festivalzeit: Das SouthsideFestival lockt von Freitag, 22. Juni, bis Sonntag, 24. Juni, rund 65 000 Musikbegeisterte nach Neuhausen ob Eck (Kreis Tuttlingen). Roland Roth, Chef der Wetterwarte Süd, blickt im Gespräch mit Daniel Drescher voraus – und verrät, ob Sonnencreme oder doch eher Gummistiefel ins Gepäck gehören.
Herr Roth, Sonnenhut oder Regenjacke – was brauchen SouthsideGänger in diesem Jahr eher?
Eine Regenjacke, wenn überhaupt – aber allenfalls heute für eine halbe Stunde. Es ist allerdings gut möglich, dass die Festivalbesucher von diesen lokalen Schauern verschont bleiben und für die kommenden Tage ist Regen ohnehin kein Thema. Da erwarte ich dann einen trockenen Mix aus Sonnenschein und vorübergehend auch mal ausgedehnten Wolkenfeldern. Es wird tagsüber allerdings rund zehn Grad kühler als bisher.
Wie werden die Nächte? Reicht ein Schlafsack oder wird es kalt?
Die Nächte werden mit einstelligen Temperaturen sogar empfindlich frisch und in Neuhausen ob Eck ist es wegen der Höhenlage ohnehin einen Kittel kälter als in den Tälern. Es empfiehlt sich also, einen Schlafsack und wärmende Bekleidung mitzunehmen.
Wie sieht es am Wochenende dann weiter aus?
Tagsüber liegen die Temperaturen ab Freitag je nach Wolkenbildung und Sonnenscheindauer zwischen 15 und 20 Grad. Vor allem heute ist auch noch der Wind ein Thema, denn beim Durchgang der Wetterfront, welche uns die deutlich kühlere Luft bringt, ist mit starken Windböen zu rechnen.
Gewitter sind dieses Jahr kein Thema?
Allenfalls am heutigen Donnerstag gibt es da noch eine Unwägbarkeit. Normalerweise ist das ja immer eher bei den weiter entfernten Tagen so; diesmal ist es gerade andersherum. Der Luftmassenwechsel, der kommt, ist normalerweise mit Gewittern und Starkregen verbunden. Aber das ist dieses Mal auch nicht der Fall. Neuhausen ob Eck liegt sogar näher am Hochdruckgebiet, da müsste man sogar viel Pech haben, dass überhaupt ein Schauer hier niedergeht.
Wie normal ist der Sommer bisher?
Mich macht das Wetter der letzten Wochen fast schon sprachlos. Eigentlich hatten wir Frühling – der Sommer beginnt dem Kalender nach erst heute. Und trotzdem haben wir in diesem Frühling von 20. März bis heute 30 Sommertage mit 25 Grad und mehr verzeichnet. Manche Stationen am Bodensee, Konstanz etwa, haben sogar noch mehr Sommertage registriert. Es gab schon Sommer, die haben noch nicht einmal diese Anzahl an Sommertagen erreicht – 2014 etwa. Das ist völlig untypisch, so was habe ich noch nie erlebt. Wir hatten einen kalten März, aber daraufhin den zweitwärmsten April, den wärmsten Mai und so wie es derzeit aussieht, wird es der zweitwärmste Juni seit Messbeginn vor 50 Jahren werden.
Der Klimawandel macht sich bemerkbar, oder?
Es ist sicher nicht so ohne Weiteres nur mit natürlichen Gegebenheiten zu erklären, da bin ich mir auch sicher. Paradox: Erst am Mittwoch wurde verbreitet die 30-Grad-Marke erreicht, trotz der enorm hohen Temperaturen und der Sommertage – die ganz große Hitze hatten wir bislang noch nicht. Da gab es auch schon Jahre, in denen es im Mai oder Juni heißere Tage gab. Aber wenn das Wetter über die lange Zeit so warm ist, macht sich das auch in der Natur bemerkbar. So wird die Weinlese dieses Jahr sehr früh sein.
Was erwartet uns im Sommer noch?
Wenn man nach der Wahrscheinlichkeit geht, müsste man ein wenig Sorgen haben, dass der Sommer sein Pulver bereits verschossen hat. Das glaube ich aber nicht und wenn man die mittelfristigen Modellläufe anschaut, dann sieht es nächste Woche – einem deutlich kälteren SouthsideWochenende folgend – nach einem stabilen Hoch aus. Es wird wieder zunehmend warm und später wieder heiß. Generell gilt: Die Witterung des Sommers entscheidet sich in der Woche vor und nach dem Siebenschläfertag am 27. Juni. So wie das Wetter da überwiegend ist, wird es dann auch die kommenden sieben Wochen.