Die Schwäbische Schöpfung auf dem Berg
Berthold Biesinger interpreitiert das Stück auf seine Art und Weise
BERG (kö) - Die Schwäbische Schöpfung von Sebastian Sailer gehört zu den Glanzstücken mundartlicher Dichtung. Die Aufführungen mit Walter Frei vor allem im Spiegelsaal des Klosters Obermarchtal waren in der Region für die Zuschauer ein ganz großes, unvergessliches Erlebnis. Von daher war es sehr mutig von Berthold Biesinger vom Theater Lindenhof in Melchingen, mit seiner Interpretation ins Theater auf dem Berg nach Berg zu kommen.
Biesinger wählte die volkstümliche Variante, bezog immer wieder Zuschauer ins Geschehen mit ein. „Man könnte fast meinen, es wäre noch Fußball-WM, fast nur Frauen“, sagte er beim Anblick der rund 25 Zuschauer, entdeckte aber dann doch einen Josef im Publikum, auf den er sich einschoss.
Sailer war der populärste Schwabe seiner Zeit, selbst Goethe „ergötzte sich trefflich an seinen Zeilen“, wie der Dichterfürst verlauten ließ, erklärte Biesinger seinem Publikum. Den Prolog hatte Sailer, als Mönch des Lateinischen in Wort und Schrift kundig, in dieser Sprache verfasst, doch dann ging es mit Gottvater, dem Engel und Adam und Eva – alles eine ein-Mann-Show des Berthold Biesinger – derb schwäbisch weiter – immer wieder unterbrochen von einzelnen Liedvorträgen des ausgezeichnet in einem Apfelhemd singenden Biesinger. Ein Korb mit leuchtend roten Äpfeln, die schon mal auf den kommenden Sündenfall hinwiesen, waren auch seine einzigen Requisiten und dass sich Biesinger immer wieder das Textbuch zur Unterstützung holte, schien zum Stück zu gehören.
Den Frühling hatte sich Gottvater für die Erschaffung der Erde gewählt, „im Frühling fang a, da kannscht die Welt herstella mit weniger Koaschta“hieß es auf die schwäbischen Bauern, die Zuschauer des Sebastian Sailer in seiner Zeit, gemünzt. Den Adam kann Gottvater aus Lehm erschaffen, weil er das beim Hafner gelernt hat. „Fiat“ermuntert er sich selbst dabei. Natürlich musste Biesinger seinem Publikum auf den Zahn fühlen, was damit gemeint sei, aber ein Lateinkundiger war dabei und konnte es übersetzen „es werde“. Es wurde insgesamt ein sehr amüsanter Abend auf dem Berg mit Berthold Biesinger und dem Sündenfall von Sebastian Sailer.