Die nächste Station der Mission
Sebastian Vettel denkt in Hockenheim, wo er noch ohne Sieg ist, schon weiter – Hamilton bis 2020 bei Mercedes
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HOCKENHEIM - 51 Formel-1-Rennen hat Sebastian Vettel gewonnen. Auf – so haben die Statistikgurus der Vollgasbranche nachgezählt – 21 verschiedenen Strecken. Der Buddh International Circuit im indischen Greater Noida war Schauplatz Vettel’schen Schnellseins, der Korean International Circuit in Yeongam, der ... nein: der Hockenheimring bisher nicht. Die 67-mal 4,574 Kilometer fehlen dem viermaligen Weltmeister noch. Achter, Dritter, Fünfter, Vierter und wieder Fünfter ist Sebastian Vettel im Badischen geworden, also bestimmte das gern geschriebene Wort vom „Fluch“die Schlagzeilen vor Hockenheim 2018. Der WM-Führende quittierte es lächelnd am Donnerstagnachmittag, wirkte souverän-fokussiert. Ferrari setze, so sagte er, „alles daran, dass wir von Anfang an gut in den Rhythmus kommen. Das ist wichtig hier.“
„Nie wohler gefühlt“
Konkurrent Mercedes-AMG Petronas begann das Deutschland-GrandPrix-Wochenende (Rennen am Sonntag, 15.10 Uhr/RTL) mit einer lang schon erwarteten Vollzugsmeldung: Lewis Hamilton hat seinen Vertrag mit der schwäbisch-britischen PS-Allianz für die Saisons 2019 und 2020 verlängert. Eine Formalie, gewiss, nach diversen eindeutigen Absichtserklärungen – und natürlich bewusst zum Heimauftritt des Teams öffentlich gemacht. Bemerkenswert allerdings zwei Aussagen. Eine des 33-jährigen Briten, viermaliger Weltmeister, aktueller WM-Zweiter: „Ich habe mich nie wohler in einem Team gefühlt als heute.“Und eine von Torger Christian „Toto“Wolff, MercedesMotorsportchef: „Bei der Arbeit mit Lewis gefällt mir am meisten, den Menschen kennenzulernen, der unter dem Rennhelm steckt: sein erbarmungsloser Antrieb, sich selbst zu verbessern, seine emotionale Intelligenz als Teammitglied und seine große Loyalität gegenüber seinem Umfeld.“Dass die „Dailiy Mail“Lewis Hamiltons künftiges Salär auf umgerechnet 45 Millionen Euro per annum taxiert, sollte nicht unerwähnt bleiben; dass nicht allein Geld seine Motivation ist, steht zu vermuten. Für Hockenheim sowieso, nach Silverstone sowieso.
Silverstone, das war der unliebsame Kontakt mit dem Ferrari SF71H Kimi Räikkönens, war eine Parforcefahrt danach auf Platz zwei – war vor allem aber der Coup Sebastian Vettels auf britischem, auf Hamilton-Terrain. Der nagte, da gab es den ein oder anderen unbedachten, alsbald korrigierten Anwurf danach. Revanchegelüste? „Diese Mentalität habe ich nicht.“Und doch gibt es den Vorsatz, Silverstone auf Vettel-Terrain geradezubiegen. Ob er am Sonntag gewinne, fragte ein kleiner Junge Lewis Hamilton mutig im Mercedes-Motorhome. „I plan to“– „Ich habe es vor“.
Prognosen, ob das tatsächlich gelingt, sind Kaffeesatzleserei in einer Saison, in der Führungswechsel im Fahrerklassement Konjunktur haben, der Abstand des kongenialen Tandems Vettel/Hamilton auf den ärgsten Verfolger (Kimi Räikkönen) aber schon gut 50 Zähler beträgt. Festzuhalten immerhin ist, dass Mercedes und Ferrari mit jeweils neuen Aerodynamikund Motorspezifikationen kräftig zugelegt haben. Inwieweit sie damit auch spezifische Schwächen ausmerzen konnten, wird sich weisen. Im Motodrom hätten dem Mercedes F1 W09 wohl die langsamen, engen Kurven mit ihren kurzen Radien zu schaffen gemacht, dem Ferrari sagte man bislang eine größere Zuneigung zum Hockenheim-Layout nach. Sebastian Vettels Dienstwagen galt auch als, bei gleicher Strategie, der reifenschonendere. Zumal im Verkehr, zumal bei Hochsommertemperaturen. Heiß bleiben soll es bis Sonntag, was aber die jüngsten Upgrades hier wie dort bewirken, lässt sich (noch) nur erahnen. Spielberg und Silverstone nämlich stehen für bevorzugt schnelle Kurven, waren nicht der Gradmesser für die Effizienz geballter Nachrüstung.
Die hat es bei der Scuderia offenbar auch in Sachen Starts gegeben. Konstant besser sind die seit dem Kanada-Rennen vor sechs Wochen. Motor? Kupplung? Fahrer? Egal. Mercedes muss kontern, will man nicht in eine Position geraten, in der (siehe Österreich) mangels freier Fährt die Pneus Blasen werfen. Ein Problem? Kein Problem! „Nun“, kommentierte Lewis Hamilton sichtlich aufgeräumt sein neu geregeltes Arbeitsverhältnis, „können wir alle Energie in den WMKampf stecken.“Sebastian Vettel wurde – versteht sich – auch gefragt zur Unterschrift des Rivalen. „Ich habe meine Mission“, antwortete der 31Jährige. „Das ist alles, was zählt.“
„Nun können wir alle Energie in den WM-Kampf stecken.“Lewis Hamilton ist nach seiner Einigung mit Mercedes erleichtert