Unanständige Mogelpackung
Ein großes Ding, so nennt Bundesumweltministerin Svenja Schulze ihre Lösung des Dieselstreits. Sie liegt falsch: Der Kompromiss ist eine Mogelpackung, eine Einigung mit einem einzigen Ziel: den Konflikt vor den Landtagswahlen in Bayern und Hessen politisch zu entschärfen. Umtauschprämien als Ausweg zu verkaufen, ist unanständig, denn Rabatte, Sonderangebote und Nachlässe gehören seit jeher zum Geschäft der Autoindustrie. Die Händler werden neue Prämien mit alten Rabatten verrechnen, so dass der Vorteil der Verbraucher viel geringer ausfällt, als es den Anschein hat. Zudem wird dieses Modell Autofahrer nicht vor finanziellem Schaden bewahren, denn der Restwert des Altautos wird auch mit der Prämie nicht für ein neues reichen.
Völlig unklar ist, wie die technische Nachrüstung funktionieren soll. Die Hersteller lehnen sie mehrheitlich ab. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer plant Gespräche über den Rahmen nachträglicher Einbauten, die – und das weiß er genau – nicht par ordre du mufti erlassen werden können. Denn die Dieselautos jenseits des VW-Betrugs sind ordnungsgemäß zugelassen, eine Änderung der Motorstruktur würde die Typengenehmigung zum Erlöschen bringen. Die rückwirkende Änderung von Gesetzen ist nicht möglich. Nun rächt es sich, dass Scheuers Vorgänger die Konzerne jahrzehntelang vor den strengen EURegeln geschützt haben.
Außerdem schafft die Idee, dass nur die Verbraucher der 14 am stärksten belasteten Städte das Prämienund Nachrüstungsangebot in Anspruch nehmen dürfen ein Zweiklassenrecht. Warum wird einem Verbraucher aus dem Schwarzwald oder Oberschwaben die Wertminderung seines Dieselautos nicht ersetzt? Ganz abgesehen von der Frage, wie die Polizei dies ohne blaue Plakette überhaupt kontrollieren soll.
Schulze und Scheuer wissen, dass ihr Konzept so gut wie nichts löst. Die Umweltministerin hat das auch zugegeben, indem sie angedeutet hat, dass trotz der jetzt vorgestellten Maßnahmen Fahrverbote nicht zu vermeiden sind.