Und die Tür gab’s vom Auto auf dem Parkplatz ...
Am Sonntag endet das DTM-Engagement von Mercedes – Ein Blick auf die Anfänge, ein Blick auf Roland Asch
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AMMERBUCH - Mit dieser Überraschung hatte Gretel Asch kurz vor Weihnachten nicht gerechnet. Als sie zufällig die Garage öffnete, stand drinnen ein blau-weißer Mercedes 190 E 2.3-16 in Rennausführung. Schnurstracks eilte sie ins Haus, stellte ihren Mann Roland zur Rede. „Das ist nicht dein Ernst, du willst doch nicht mit einem Mercedes als Inhaber eines Ford-Autohauses Rennen fahren?“, ereiferte sie sich. Doch Roland Asch war sich sicher, dass er mit diesem Auto nicht nur die richtige Wahl getroffen hatte, sondern in der DTM-Saison 1988 als Privatfahrer auch gute Erfolgschancen haben würde.
Die Deutsche TourenwagenMeisterschaft startete 1988 in ihre fünfte Saison. Bei den zwölf Rennen traten sowohl Werksteams von BMW und Ford als auch zahlreiche Privatteams an. Die Fahrzeuge waren noch sehr seriennah, dadurch herrschte im Starterfeld, das mehr als 30 Piloten umfasste, eine bunte Vielfalt. Vom Opel Kadett GSi bis zum BMW 635 i reichte die Spanne. Hinter 16 BMW M3 waren elf Mercedes 190 E 2.3-16 das zweitbeliebteste Fahrzeug. „Die Zuschauer konnten sich mit den Autos identifizieren“, erzählt Roland Asch heute, „es waren Autos, die jeder kaufen konnte und mancher sogar in der Garage stehen hatte.“
So wie Roland Asch den BabyMercedes. Der Schwabe aus Ammerbuch bei Herrenberg war schon einige Jahre bei Berg- und Rundstreckenrennen aktiv. Vor allem in Markenpokalen. Die Leistung seiner Motoren hatte er von Karl Armbrust steigern lassen. Bei diesem Spezialisten, der eine Werkstatt in Renningen bei Sindelfingen betrieb, ließ auch Mercedes seine Zylinderköpfe für den 2.316 veredeln. Und so lernte Asch die Mercedes-Ingenieure Dieter Bulling, Gerhard Leppler und Bernd Seybold kennen. Leppler, Projektleiter für den Sechzehnventiler, fragte den Rennfahrer, ob er nicht bei Mercedes ein wenig mithelfen wolle. „Klar wollte ich“, sagt Asch. Es gab einen Testvertrag und ein kleines Salär. Mit 37 Jahren hat Asch damals erstmals Geld dafür bekommen, dass er schnell Auto fahren konnte. „Wenn ich daran denke“, sagt er, „bekomme ich heute noch eine Gänsehaut.“
Mit dem Mercedes mischte der Privatfahrer Asch auch dank der inoffiziellen Mercedes-Hilfe in der DTM gleich kräftig mit. Was nicht jedem gefiel. Der Ford-Werkspilot Klaus Niedzwiedz hatte ihm nach einem intensiven Zweikampf in der Erregung auf den Weg gegeben: „Asch, bei dir fehlt das R im Namen.“Auch durch gute Ergebnisse machte der schnelle Schwabe Schlagzeilen. Dies blieb dem damaligen Mercedes-Chef Werner Niefer nicht verborgen. Am Nürburgring besuchte er seinen Landsmann im Fahrerlager. „Herr Asch, mir gefällt, was Sie machen“, sagte der Vorstandschef, „in der Niederlassung Reutlingen können Sie sich einen Laster abholen.“Asch fuhr nach Reutlingen, nahm freudig einen 7,5-Tonner in Empfang. Davor hatte er seinen Mercedes immer auf einem einachsigen Anhänger hinter einem Ford Granada an die Rennstrecken gebracht. Über zwei selbstgebaute Schienen konnte er seinen Rennwagen auf die Pritsche schieben. „Und mit zwei Böcken hatte ich quasi eine Montiergrube, konnte so leichter das Getriebe ausbauen und an der Hinterachse arbeiten.“
Cola fürs Getriebe
Auch damals wurde schon nach dem kleinsten Vorteil gesucht. Für das Rennen auf der Berliner Avus baute das Asch-Team eine Jalousie hinter den Kühlergrill. Damit war der Mercedes auf den langen Geraden fünf km/h schneller. Der technische Kommissar wollte dies nicht genehmigen, erzählt Asch. „Ich hab’ ihm dann einen Prospekt aus Skandinavien gezeigt, denn dort konnte man das ganz offiziell kaufen.“
Sehr pragmatisch ging’s damals zu bei den zwei Rennen am Sonntag, die lediglich durch eine halbstündige Pause unterbrochen waren. Als am Nürburgring die Kupplung an Aschs Mercedes geschliffen hatte, wurde kurzerhand in der Pause ein Loch ins Gehäuse gebohrt – und Cola reingekippt. Schon ging’s ohne Schlupf weiter. Am Salzburgring wurde das Rennen dreimal nach Unfällen abgebrochen. Weil auch seine Türe am Rennwagen heftig demoliert war, ersetzte Asch diese durch eine, die er von einem Auto auf dem Parkplatz abgeschraubt hatte. Am Ende des Jahres belegte der Privatfahrer Platz zwei in der Meisterschaft, knapp geschlagen von Ford-Werkspilot Klaus Ludwig.
Ein Werksvertrag mit 38
Einen kleinen Anteil hatten sicherlich auch die Leistungen Roland Aschs daran, dass Mercedes 1989 offiziell in den Motorsport zurückkehrte. Seitdem haben Fahrzeuge mit dem Stern 195 Rennen und zehn Meisterschaften gewonnen. Damit sind die Stuttgarter, die zum Ende dieser Saison aus der DTM aussteigen, die erfolgreichste Marke.
Auch Roland Asch wurde für seine Pionierarbeit belohnt, erhielt 1989 einen Werksvertrag. „Wahnsinn, ich war ja schon 38 Jahre alt“, sagt er und lacht laut. Nach insgesamt 172 DTMRennen, von denen er sechs gewinnen konnte, und einer zweiten Vizemeisterschaft 1993 beendete Roland Asch 1994 seine DTM-Karriere. „Die DTM und ihre Nähe zu den Fans haben mich geprägt“, sagt er. Und über eines muss er nicht lange nachdenken: „1988 war mein schönstes Jahr.“
Das DTM-Finale 2018 steigt von Freitag bis Sonntag auf dem Hockenheimring. Titelchancen haben noch Paul di Resta (Mercedes; 229 Punkte), Gary Paffett (Mercedes; 225) und Titelverteidiger René Rast im Audi (199). Pascal Wehrlein (Worndorf/Mercedes) ist – mit 108 Punkten – aktuell Achter.