Referentin stellt im Bildungsforum die Arbeit der Vinzi-Werke in Österreich vor
Ehrenamtliche informieren sich anlässlich der Klostererlebnistage über die 1990 gegründete Initiative
● UNTERMARCHTAL - Die Klostererlebnistage sind am Samstag im Bildungsforum Untermarchtal weitergegangen. Dort sprach die Koordinatorin der Vinzi-Werke Österreich, Nora Tödtling Musenblichler aus Graz, über den dort aktiven Pfarrer Wolfgang Pucher, die von ihm gegründete Vinzenzgemeinschaft Eggenberg und über den Weg, Menschen am Rande der Gesellschaft nachhaltige Hilfe zu geben.
Schwester Marzella Krieg begrüßte am Samstagvormittag mehr als 40 ehrenamtlich Tätige und Ordensschwestern aus den Einrichtungen der Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Vinzenz von Paul zu einem Tag der Begegnung. An Tischgruppen wurde gemeinsam das Vinzenzlied gesungen, wo es unter anderem heißt, „mit starken Händen heilen, wo Unrecht geschieht“.
Referentin Nora Tödtling Musenblichler bezeichnete den Tag als Erntedanktag für die Ehrenamtlichen und zeigte auf, wie Ehrenamtliche den Umgang mit Menschen am Rande der Gesellschaft verändert haben. Hierzu stellte sie die VinziWerke vor, die 1990 von zwölf jungen Menschen der Pfarrei St. Vinzenz in Graz initiiert wurden, um etwas gegen die Not in Graz zu tun. So entstand im Januar 1990 die Vinzenzgemeinschaft Eggenberg, getragen vom unerschütterlichen Pfarrer Wolfgang Pucher und seinem Motto „geht nicht, gibts nicht“.
Als erstes der inzwischen 38 Vinzi-Werke startete 1991 der Grazer Vinzi-Bus, um Menschen ohne Heimat Tee und belegte Brote zu bringen. Die Begegnung mit Menschen vom Rand der Gesellschaft führte 1993 zur Gründung des Vinzi-Dorfs, einem Containerdorf in einem vornehmen Grazer Bezirk. Vorläufer war ein von Pfarrer Pucher im Pfarrgarten aufgestellter Container, gegen den es anfangs seitens der Mitglieder seiner Gemeinde heftige Widerstände gegeben hat.
Das Vinzi-Dorf wurde österreichweit die erste Unterkunft für 34 obdachlose Alkoholkranke, die so angenommen werden wie sie sind, und stets als Gäste, nicht als Klienten behandelt werden, auf Augenhöhe. Nach sechs Jahren dort, zum Teil als Leiterin, übernahm die Referentin vor acht Jahren die Koordination der jetzt 38 Einrichtungen der VinziWerke, für die 750 Ehrenamtliche und 40 Hauptamtliche tätig sind. Hierzu gehören zum Beispiel zehn Vinzi-Märkte in Österreich, vergleichbar mit unseren Tafelläden. Anhand anschaulicher Beispiele zeigte die Referentin, häufig mit einem Lächeln im Gesicht, wie sich weitere Vinzi-Werke entwickelt haben, wie Vinzi-Med, eine Krankenstube für pflegebedürftige Obdachlose. Zu den Prinzipien der VinziWerke gehört neben der Augenhöhe auch die Frage „was willst Du, das ich Dir tue“, denn nur wenn Bedürftige frei ihre Not zur Sprache bringen können, kann ihnen zielgerichtet geholfen werden. Weiter ist „Mitgefühl statt Mitleid“ein Kriterium. Mit ihrer Tätigkeit wollen, so Musenblichler, die Vinzi-Werke die Menschen vom Rande der Gesellschaft in eine Normalität führen, die ihnen zusteht. Das gelingt nur, wenn mutig der erste Schritt gesetzt wird, denn niemand kann alleine die ganze Welt retten, aber im eigenen Umfeld konkrete Hilfe leisten.
Wenn die Gäste sagen könnten, „do bin i daham“, dann haben die Vinzi-Werke ihr Ziel erreicht, Menschen, die nirgendwo anders mehr Aufnahme finden, so die Referentin. Diese erstaunlich kreativen VinziWerke bieten über die Grenzen Österreichs hinaus Hilfe, beispielsweise fertigen Romafrauen in der Slowakei Nudeln, die in Österreich verkauft werden, wodurch ihnen eine Lebensgrundlage geschaffen wurde. Finanziert werden die Vinzi-Werke überwiegend durch Spenden. Subventionen der Öffentlichen Hand ergänzen den Etat.
Aktuell wird in Wien ein VinziDorf errichtet, das 39. Vinzi-Werk. Wo die VinziWerke Menschen in eine Selbständigkeit vermitteln können, sind sie ebenfalls gerne tätig. In jedem Fall werden die Ränder in die Normalität einbezogen, initiiert von Ehrenamtlichen. „Wenn so für Menschen etwas ihrem Bedarf entsprechendes und Schönes entsteht, haben die Helfer ihre Erfolgserlebnisse“, wusste die Referentin aus eigener Erfahrung zu berichten. Schwester Marzella fasste das Gehörte mit treffenden Worten zusammen: „Hin zu den Herzen der Menschen.“Nach der Mittagspause teilten sich die Anwesenden in verschiedene Untermarchtaler Workshops auf, um sich sodann zu einer gemeinsamen abschließenden Eucharistiefeier in der Vinzenzkirche einzufinden.