Klaus Rederer muss lange zittern
Ob der Neu-Ulmer Kandidat der Grünen über die Liste in den Landtag reinkommt, steht wohl erst am Dienstag fest
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NEU-ULM - Am Wahlabend hatte er noch von einer „50:50-Chance“gesprochen, am Montag ging das Zittern weiter: Schafft Klaus Rederer (Grüne) aus Neu-Ulm über die Liste den Einzug in den bayerischen Landtag?
Am Tag nach der Wahl zeichnete sich ab, dass die Grünen in Schwaben die Zahl ihrer Mandate von drei auf sechs verdoppeln werden. Damit rückte für Rederer ein Sitz in greifbare Nähe. Allerdings fehlten am Montag noch aus mehreren Stimmkreisen die „zweiten Schnellmeldungen“, die im bayerischen Landesamt für Statistik ausgewertet werden müssen – erst dann steht fest, welche Kandidaten Listenmandate errungen haben. Und das könne bis Dienstagabend oder sogar bis Mittwoch dauern, teilte ein Sprecher des Landesamts mit.
Entsprechend saß Klaus Rederer auf glühenden Kohlen. „Es ist schon aufregend“, sagte der Grünen-Politiker am Nachmittag. Der Datenschutzexperte lenkte sich mit Arbeit in seiner IT-Firma ab und meinte: „Ich bin froh über jeden Anruf, der reinkommt.“Noch vor wenigen Monaten schien es für ihn ausgeschlossen, auch nur in die Nähe eines Landtagsmandats zu kommen. Dann stiegen die Umfragewerte rasant an, und am Ende erzielten die Grünen das beste Ergebnis ihrer Geschichte bei einer Landtagswahl in Bayern. Für Rederer bedeutete das: „Da ist alles drin. Da ist aber auch alles nicht drin.“
Unabhängig von seinem eigenen Ergebnis – er holte 19 Prozent der Erststimmen des Stimmkreises NeuUlm – findet es Rederer gut, dass es wohl nichts mit einer schwarz-grünen Koalition wird: „Da bin ich froh, dass dieser Kelch an uns vorbeigegangen ist“, sagte er. „Wenn wir in die Regierung gehen würden, würden wir von der CSU zermürbt werden“, zeigte sich Rederer überzeugt – und verweist auf die SPD im Bund. Mit dem Wahlergebnis von 17,7 Prozent im Rücken könnten die Grünen jetzt stattdessen als stärkste Oppositionspartei ihre Themen in die Öffentlichkeit und auf die Straße tragen – Energiewende, Europapolitik, ökologische Landwirtschaft und Umweltschutz. Eine Regierungsbündnis zwischen CSU und Grünen hätte er nur als „Ultima Ratio“gesehen, wenn die Regierungsbildung sehr kompliziert geworden wäre. Das sei jedoch nicht der Fall, da sich eine bürgerliche Koalition abzeichnet. Und diese Entwicklung findet der Grüne gar nicht schlecht. „Ich glaube, die Geschichte mit den Freien Wählern tut Bayern gut“, sagte Rederer. „Dieser monolithische Machtblock wird aufgebrochen, das Parlament wird an Bedeutung gewinnen.“Und die Grünen? Die werden in Bayern stark bleiben, glaubt der 53-Jährige: „Ich sehe die Entwicklung bei 20 Prozent plus X.“
Freudenberger fordert Wechsel an Parteispitze
Die CSU versuchte sich am Montag an der Aufarbeitung des Wahldebakels mit Verlusten von mehr als zehn Prozentpunkten. „Wir müssen sehr schnell alles daran setzen, aus Fehlern zu lernen und innere Machtkämpfe zu bereinigen“, sagte der CSU-Kreisvorsitzende Thorsten Freudenberger. Die Partei müsse das Vertrauen der Bürger zurück gewinnen. Dazu gehöre eine sympathischere und sachorientierte Kommunikation, gerade bei sensiblen Themen wie Flucht und Asyl. „Wir brauchen die Haudrauf-Parolen nicht“, zeigte sich Freudenberger überzeugt. Er spüre in der Partei die Entschlossenheit, den Leuten zu zeigen: „Wir können es besser, als wir es in den vergangenen Monaten gezeigt haben.“Zur Aufarbeitung des historisch schlechten Wahlergebnisses gehören für Freudenberger auch personelle Konsequenzen. Während CSU-Chef Horst Seehofer sagte: „Ich führe auch heute keine Personaldiskussionen über mich“, bekräftigte der Kreisvorsitzende seine Aussage vom Vorabend: „Ich denke, dass der Neuanfang auch einen Wechsel an der Parteispitze umfassen sollte.“
Darauf wollte sich die wiedergewählte Direktkandidatin Beate Merk (CSU) am Montag nicht festlegen: „Ich denke, wir sollten zuerst über Inhalte sprechen und analytisch aufarbeiten, was im Wahlkampf nicht gestimmt hat“, sagte sie. Erst danach sollte über das Personal gesprochen werden. „Ich war schon ein bisschen traurig“, sagte Merk über ihr eigenes Wahlergebnis. Mit 34,9 Prozent lag sie unter dem landesweiten Resultat (37,4 Prozent) ihrer Partei. Allerdings habe die CSU in allen Großstädten – und als solche sieht Merk Neu-Ulm zusammen mit Ulm – ein deutliches Problem gehabt. Vielleicht komme die CSU für Studenten, aber auch für andere Menschen, die nach Bayern gezogen sind, zu traditionell daher, zu wenig modern.