Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Klaus Rederer muss lange zittern

Ob der Neu-Ulmer Kandidat der Grünen über die Liste in den Landtag reinkommt, steht wohl erst am Dienstag fest

- Von Michael Ruddigkeit

NEU-ULM - Am Wahlabend hatte er noch von einer „50:50-Chance“gesprochen, am Montag ging das Zittern weiter: Schafft Klaus Rederer (Grüne) aus Neu-Ulm über die Liste den Einzug in den bayerische­n Landtag?

Am Tag nach der Wahl zeichnete sich ab, dass die Grünen in Schwaben die Zahl ihrer Mandate von drei auf sechs verdoppeln werden. Damit rückte für Rederer ein Sitz in greifbare Nähe. Allerdings fehlten am Montag noch aus mehreren Stimmkreis­en die „zweiten Schnellmel­dungen“, die im bayerische­n Landesamt für Statistik ausgewerte­t werden müssen – erst dann steht fest, welche Kandidaten Listenmand­ate errungen haben. Und das könne bis Dienstagab­end oder sogar bis Mittwoch dauern, teilte ein Sprecher des Landesamts mit.

Entspreche­nd saß Klaus Rederer auf glühenden Kohlen. „Es ist schon aufregend“, sagte der Grünen-Politiker am Nachmittag. Der Datenschut­zexperte lenkte sich mit Arbeit in seiner IT-Firma ab und meinte: „Ich bin froh über jeden Anruf, der reinkommt.“Noch vor wenigen Monaten schien es für ihn ausgeschlo­ssen, auch nur in die Nähe eines Landtagsma­ndats zu kommen. Dann stiegen die Umfragewer­te rasant an, und am Ende erzielten die Grünen das beste Ergebnis ihrer Geschichte bei einer Landtagswa­hl in Bayern. Für Rederer bedeutete das: „Da ist alles drin. Da ist aber auch alles nicht drin.“

Unabhängig von seinem eigenen Ergebnis – er holte 19 Prozent der Erststimme­n des Stimmkreis­es NeuUlm – findet es Rederer gut, dass es wohl nichts mit einer schwarz-grünen Koalition wird: „Da bin ich froh, dass dieser Kelch an uns vorbeigega­ngen ist“, sagte er. „Wenn wir in die Regierung gehen würden, würden wir von der CSU zermürbt werden“, zeigte sich Rederer überzeugt – und verweist auf die SPD im Bund. Mit dem Wahlergebn­is von 17,7 Prozent im Rücken könnten die Grünen jetzt stattdesse­n als stärkste Opposition­spartei ihre Themen in die Öffentlich­keit und auf die Straße tragen – Energiewen­de, Europapoli­tik, ökologisch­e Landwirtsc­haft und Umweltschu­tz. Eine Regierungs­bündnis zwischen CSU und Grünen hätte er nur als „Ultima Ratio“gesehen, wenn die Regierungs­bildung sehr komplizier­t geworden wäre. Das sei jedoch nicht der Fall, da sich eine bürgerlich­e Koalition abzeichnet. Und diese Entwicklun­g findet der Grüne gar nicht schlecht. „Ich glaube, die Geschichte mit den Freien Wählern tut Bayern gut“, sagte Rederer. „Dieser monolithis­che Machtblock wird aufgebroch­en, das Parlament wird an Bedeutung gewinnen.“Und die Grünen? Die werden in Bayern stark bleiben, glaubt der 53-Jährige: „Ich sehe die Entwicklun­g bei 20 Prozent plus X.“

Freudenber­ger fordert Wechsel an Parteispit­ze

Die CSU versuchte sich am Montag an der Aufarbeitu­ng des Wahldebake­ls mit Verlusten von mehr als zehn Prozentpun­kten. „Wir müssen sehr schnell alles daran setzen, aus Fehlern zu lernen und innere Machtkämpf­e zu bereinigen“, sagte der CSU-Kreisvorsi­tzende Thorsten Freudenber­ger. Die Partei müsse das Vertrauen der Bürger zurück gewinnen. Dazu gehöre eine sympathisc­here und sachorient­ierte Kommunikat­ion, gerade bei sensiblen Themen wie Flucht und Asyl. „Wir brauchen die Haudrauf-Parolen nicht“, zeigte sich Freudenber­ger überzeugt. Er spüre in der Partei die Entschloss­enheit, den Leuten zu zeigen: „Wir können es besser, als wir es in den vergangene­n Monaten gezeigt haben.“Zur Aufarbeitu­ng des historisch schlechten Wahlergebn­isses gehören für Freudenber­ger auch personelle Konsequenz­en. Während CSU-Chef Horst Seehofer sagte: „Ich führe auch heute keine Personaldi­skussionen über mich“, bekräftigt­e der Kreisvorsi­tzende seine Aussage vom Vorabend: „Ich denke, dass der Neuanfang auch einen Wechsel an der Parteispit­ze umfassen sollte.“

Darauf wollte sich die wiedergewä­hlte Direktkand­idatin Beate Merk (CSU) am Montag nicht festlegen: „Ich denke, wir sollten zuerst über Inhalte sprechen und analytisch aufarbeite­n, was im Wahlkampf nicht gestimmt hat“, sagte sie. Erst danach sollte über das Personal gesprochen werden. „Ich war schon ein bisschen traurig“, sagte Merk über ihr eigenes Wahlergebn­is. Mit 34,9 Prozent lag sie unter dem landesweit­en Resultat (37,4 Prozent) ihrer Partei. Allerdings habe die CSU in allen Großstädte­n – und als solche sieht Merk Neu-Ulm zusammen mit Ulm – ein deutliches Problem gehabt. Vielleicht komme die CSU für Studenten, aber auch für andere Menschen, die nach Bayern gezogen sind, zu traditione­ll daher, zu wenig modern.

 ?? FOTO: ALEXANDER KAYA ?? Beate Merk (CSU) holte erneut das Direktmand­at im Stimmkreis Neu-Ulm, konnte sich aber nicht so richtig freuen. Grünen-Kandidat Klaus Rederer (rechts) feierte hingegen ein 19-Prozent-Ergebnis und machte sich Hoffnungen, über die Liste in den Landtag einzuziehe­n.
FOTO: ALEXANDER KAYA Beate Merk (CSU) holte erneut das Direktmand­at im Stimmkreis Neu-Ulm, konnte sich aber nicht so richtig freuen. Grünen-Kandidat Klaus Rederer (rechts) feierte hingegen ein 19-Prozent-Ergebnis und machte sich Hoffnungen, über die Liste in den Landtag einzuziehe­n.

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