Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Generation­swechsel bei Uhrmacher Moll

Tochter Vanessa Moll übernimmt als Uhrmacherm­eisterin in fünfter Generation den elterliche­n Betrieb

- Von Dominik Prandl

EHINGEN (sz) - Beim Ehinger Uhrmacher Moll steht ein Generation­swechsel an. Nach mehreren Jahrzehnte­n wird das Geschäft in jüngere Hände übergeben.

EHINGEN - Uhren haben bei Familie Moll eine lange, knapp 200-jährige Tradition. Als Norbert und Viola Moll vor 33 Jahren ihr Uhrengesch­äft in der Ehinger Gymnasiums­traße eröffnet haben, konnten sie bereits auf drei Uhrmacherg­eneratione­n in der Familie zurückblic­ken. Nun geben sie den Stab wiederum an die nächste Generation weiter: Tochter Vanessa Moll und ihr Partner Robert Härting werden das Familienun­ternehmen im Frühjahr 2019 neu eröffnen. Vanessa Moll besucht derzeit die Uhrmacher-Meistersch­ule in Würzburg. Wenn sie die letzte Prüfung am

23. November bestanden hat, ist sie bereits Uhrmacherm­eisterin in fünfter Generation.

„Nach 33 Jahren ist es Zeit, aufzuhören“, sagt Viola Moll. Schon immer sei klar gewesen, dass die Tochter das Familienun­ternehmen übernehmen wird. „Sie hat schon als Kind unter der Werkbank gespielt und in der zweiten Klasse gesagt, dass sie Uhrmacheri­n werden will.“Auch habe sie das Geschick, das man in dem Beruf unbedingt brauche. „Ich könnte es nicht“, sagt Viola Moll.

Stundenlan­g konzentrie­rt

„Viel Zeit und viel Geduld“sei als Uhrmacher unabdingba­r, erklärt Uhrmacherm­eister Norbert Moll. Wenn es darum geht, eine Uhr zu zerlegen und den Fehler zu finden, „muss man konzentrie­rt drei, vier Stunden sitzen bleiben können, ohne sich stören zu lassen“. Warum er sich für den Beruf entschiede­n hat, dafür hat der 65-Jährige eine einfache Erklärung: „Ich habe eine Lehrstelle gesucht und es hat gepasst.“Und die Arbeit muss ihm gefallen haben, sagt er, „sonst hätte ich es nicht ein Leben lang gemacht“. Viele aus der Branche, die er kenne, hätten, im Gegensatz zu ihm, irgendwann gewechselt – einige schon kurz nach der Lehre in die Industrie.

Heute sei es ein Alleinstel­lungsmerkm­al. „Den Beruf hat eigentlich niemand mehr auf dem Schirm.“Heute wisse niemand mehr, wie viele Rädchen hinter einer Uhr stecken. „Das muss man auseinande­rund wieder zusammenba­uen können.“Jeden Tag komme jemand im Geschäft vorbei, zum Beispiel mit einer alten Standuhr, auch von weiter weg. „Manche haben ein Stück geerbt und wieder gefunden“, sagt Viola Moll. „Viele haben heute Sehnsucht nach früher.“

Dazu passe die Idee ihrer Tochter für die Neueröffnu­ng: Sie wolle die Tradition und das Handwerk sichtbar machen – zum Beispiel im Schaufenst­er oder auch durch eine Schauwerks­tatt. Oben im Lager sei schon alles ausgeräumt, dort soll ein Atelier entstehen. „So wie es sich anhört, wird sie das Geschäft grundlegen­d ändern“, sagt die 66-Jährige. „Wir werden ihr nicht reinreden.“

Vanessa Moll hat nach dem Schulabsch­luss in Ehingen bei einer der besten Werkstätte­n Deutschlan­ds, bei Glashütte Original, ihre Ausbildung zur Uhrmacheri­n absolviert. Dort lernte sie ihren Partner kennen – auch das eine Parallele zu ihren Eltern, die sich im elterliche­n Uhrmacherg­eschäft kennengele­rnt haben.

Insgesamt zwölf Jahre lang gingen Vanessa Moll und Robert Härting schließlic­h auf Wanderscha­ft und haben Erfahrunge­n gesammelt: nach England in die Service-Werkstatt für Omega-Uhren, anschließe­nd zu verschiede­nen Uhren-Hersteller­n in der Schweiz. „Trotzdem will sie nach der Meistersch­ule wieder zurück nach Ehingen“, sagt Norbert Moll und seine Frau betont: „Das freut uns natürlich.“

Mit 30 Jahren führt Vanessa Moll dann also eine lange Familientr­adition fort. Uhrmacher waren bereits ihr Ururgroßva­ter, ihr Urgroßvate­r, ihre Großmutter und ihr Vater. „Vielleicht liegt es doch in den Genen“, sagt Viola Moll. Sie und ihr Mann verabschie­den sich am Ende des Jahres vom Geschäft, ab dem heutigen Donnerstag beginnt ein großer Räumungsve­rkauf. Erst im März soll das Familienun­ternehmen dann neu eröffnet werden.

Konkrete Pläne für die freie Zeit haben Viola und Norbert Moll noch nicht. „Wir wollen einfach mal die Seele baumeln lassen – ohne Zeitdruck“, sagen sie. „Vielleicht werden wir auch mal drei Wochen am Stück Urlaub machen, da freuen wir uns drauf.“Denn in einem selbststän­digen Familienun­ternehmen habe man vielleicht weniger Urlaub gehabt als andere. „Dafür war aber die Familie immer da.“

„Manche haben ein Stück geerbt und wieder gefunden. Viele haben heute Sehnsucht nach früher.“Viola Moll

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SZ-FOTO: PRANDL Norbert und Viola Moll geben das Ehinger Familienun­ternehmen in die Hände ihrer Tochter.

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