Wettlauf um Seehofers Nachfolge hat begonnen
Söder, Weber – oder doch Dobrindt? Mitte Januar steht fest, wer die CSU künftig führt – Oberreuter rät zu „Besinnungsphase“
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MÜNCHEN - CSU-Chef Horst Seehofer gibt sein Amt Mitte Januar auf. In einer am Freitagvormittag von der Parteizentrale verbreiteten schriftlichen Erklärung kündigte Seehofer einen Sonderparteitag für den 19. Januar an, auf dem ein neuer Parteivorsitzender gewählt werden soll. Das Jahr 2019 solle das Jahr der Erneuerung für die CSU werden. Zu seiner Zukunft als Bundesinnenminister sagte Seehofer nichts.
Schon wenige Minuten nach der Verbreitung von Seehofers kurzer Erklärung zollte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) seinem Amtsvorgänger über Twitter „Respekt“. Er habe die Partei „in schwierigen Zeiten als Vorsitzender übernommen und sie über 10 Jahre mit großem Einsatz geführt“, so Söder. Ob er auf dem Sonderparteitag wie allgemein erwartet für den CSUVorsitz kandidiert, sagte Söder bisher nicht. Dazu wurde er umgehend von Unterstützern gedrängt. Ebenfalls wenige Minuten nach der Veröffentlichung von Seehofers Erklärung machten sich der Oberpfälzer CSUVorsitzende und Landesfinanzminister Albert Füracker sowie der CSU-Ehrenvorsitzende Edmund Stoiber für Söder als neuen Parteichef stark. Er würde es begrüßen, wenn der Ministerpräsident baldmöglichst seine Kandidatur erkläre, sagte Füracker, der wegen seines Einsatz im vergangenen Machtkampf um das Amt des Ministerpräsidenten den Spitznamen „Fürsöderacker“verliehen bekommen hatte. Stoiber hatte wiederholt betont, dass die Zusammenführung beider Spitzenämter in einer Person die CSU stärker mache als eine Doppelspitze.
„Den Söder-Fans wäre ruckzuck natürlich lieber, weil Alternativen dann weniger Chancen hätten“, erläuterte der Passauer Politikwissenschaftler Heinrich Oberreuter: „Deswegen artikulieren sie sich ja sogleich – wie auf Bestellung.“Oberreuter warnte die CSU vor dem Glauben, dass mit der Auswechslung des Vorsitzenden alles erledigt sei: Ein neues Gesicht bringe bei den abgesprungenen Wählern nicht viel. „Zumal nicht zu sehen ist, dass das Image von Söder sich wesentlich ins Positive verändert hat“, ergänzte Oberreuter. Es sei für die Partei daher eher gut, eine kleine „Besinnungsphase“einzulegen, wenn man wirklich eine Erneuerung wolle, die auch inhaltlich stattfinden müsse.
CSU-Parteivize Manfred Weber, der kürzlich zum Spitzenkandidaten der europäischen konservativen Parteien für die Europawahl 2019 bestimmt wurde, gilt immer noch als mögliche Alternative zu Söder als Nachfolger Seehofers. Er hielt sich bislang bedeckt, was seine Ambitionen betrifft. Für den Fall, dass die konservativen Parteien als stärkste Kraft aus der Europawahl hervorgehen, hätte Weber die Möglichkeit, Präsident der EU-Kommission zu werden. Ob beide Ämter miteinander vereinbar wären, ist umstritten. Keine Ambitionen auf den Parteivorsitz hat nach eigenen Worten der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Alexander Dobrindt. „Daran hat sich nichts geändert“, sagte er.
Der Generalsekretär der bayerischen SPD Uli Grötsch meinte, Seehofer gebe den falschen Posten auf. Es wäre besser, wenn er auf das Amt des Bundesinnenministers verzichtet hätte, so der SPD-Politiker.
Und dann würdigte er den scheidenden CSU-Chef noch als „Politiker der alten Schule, der dem politischen Gegner mit Anstand und Respekt“begegnet sei. Grötsch weiter: „Eine Eigenschaft, die dem aktuellen Ministerpräsidenten und voraussichtlichen Nachfolger abgeht.“