SPD-Fraktionschef Stoch liebäugelt mit Landesvorsitz
Nahles muss sich auf Gegenwind gefasst machen
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STUTTGART - Der SPD-Fraktionschef im Stuttgarter Landtag Andreas Stoch liebäugelt offen damit, beim Parteitag am Samstag für den Landesvorsitz zu kandidieren. Er sei dabei, das Für und Wider abzuwägen, sagte er am Mittwoch der „Schwäbischen Zeitung“. „Einigkeit in der Partei kann am besten jemand herstellen, der weder der einen, noch der anderen Strömung angehört“, nannte Stoch als Argument für eine Kandidatur. Dieses Profil schreibt er sich nicht nur selbst zu, das wird ihm auch aus Teilen des linken Flügels und der sogenannten Netzwerker attestiert. Stochs Contra: „Ich bin schon vor zwei Jahren nicht angetreten, weil ich gesagt habe: Wir können keine One-Man-Show sein.“
Die amtierende Landeschefin Leni Breymaier hatte am Dienstag erklärt, den Vorsitz abzugeben, nachdem ihr bei einem Mitgliedervotum weniger als die Hälfte der Genossen im Südwesten das Vertrauen ausgesprochen hatte. Ihr Herausforderer Lars Castellucci hält indes an seiner Kandidatur fest, obwohl er das Votum knapp verloren hat. Dafür bekommt er Unterstützung, etwa vom früheren Juso-Landeschef Leon Hahn aus Friedrichshafen. Durch Breymaiers Rückzug ergebe sich eine neue Situation. Deshalb sei es legitim, dass Castellucci „dem Landesparteitag ein Angebot macht“, sagte Hahn. Castellucci muss auch viel Kritik einstecken – unter anderem in den sozialen Netzwerken. Schließlich hatte er sich mit Breymaier darauf geeinigt, auf eine Kandidatur bei einer Niederlage zu verzichten.
Teile der Partei sehen in der möglichen künftigen Spitze aus Stoch und dem bislang einzigen Kandidaten als Generalsekretär, Sascha Binder, ein Problem: zwei Männer, beide aus Nordwürttemberg, beide Juristen, beide Landtagsabgeordnete. Andere sehen das als Chance mit Blick auf die Landtagswahl 2021.
„Das Problem ist nicht die Spitze“, sagt indes der Landtagsabgeordnete Peter Hofelich. Es sei dringend nötig, die festgefahrenen Strömungen aufzubrechen, gerade auf der mittleren Funktionärsebene, die am Samstag präsent sein wird. „Das muss man beim Parteitag offen ansprechen“, fordert er. „Es sind derzeit zu viele Strippenzieher unterwegs.“
Mit mächtig Gegenwind am Samstag muss die Bundesvorsitzende Andrea Nahles rechnen. Die SPDKreisvorsitzenden aus dem Südwesten haben sie am Mittwoch in einem Brief wegen der Kandidatenliste des Bundesvorstand für die Europawahl scharf kritisiert. „Es ist völlig inakzeptabel, dass die Bundespartei unser Votum völlig ignoriert – dies entgegen aller Spielregeln“, heißt es darin. Die EU-Abgeordneten aus dem Südwesten Evelyn Gebhardt und Peter Simon landen auf hinteren Plätzen, Noch-Generalsekretärin Luisa Boos steht auf Platz 15. Insgesamt komme der Südwesten zu kurz.