Sorgenfalten werden größer
Fußball: Zahl der Unparteiischen in der Schiedsrichtergruppe Ehingen nimmt ab
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EHINGEN - Wie viele andere im Gebiet des Württembergischen Fußballverbandes (WFV) leidet auch die Schiedsrichtergruppe Ehingen unter Nachwuchsmangel. Immer weniger junge Leute haben Zeit oder Lust, Fußballspiele zu leiten. In der Altersgruppe der 30- bis 50-Jährigen habe man ohnehin „ein Loch“, sagt Josef Rapp, Obmann der Ehinger Schiedsrichtergruppe. Bisher war es ihm möglich, fast alle Spiele mit einem Unparteiischen zu besetzen, doch das könnte sich schon bald ändern.
Der Oberdischinger „Bodde“Rapp ist im Ruhestand, aber das betrifft nur den Beruf. Im Ehrenamt ist der frühere Lehrer mehr denn je gefordert. Die sinkende Zahl an Schiedsrichtern in seiner Gruppe bereitet ihm Sorgen. „Die Tendenz ist eindeutig abnehmend. Vor drei Jahren hatten wir noch 117 anrechenbare Schiedsrichter, derzeit sind es noch zirka 100“, sagt der Obmann. Anrechenbar für den jeweiligen Verein bedeutet, dass der Unparteiische pro Jahr mindestens 15 Spiele pfeift und vier Schulungen besucht. Klingt nicht nach viel, scheint aber für viele heutzutage zu viel zu sein. Die Zahl 117 vor drei Jahren rührte daher, „dass wir damals einen großen Neulingskurs hatten“, so Rapp. 30 Interessierte ließen sich zum Unparteiischen ausbilden, im darauffolgenden Kurs waren es nurmehr zwölf.
Nicht alle Kursteilnehmer blieben. „Von den Jungen fangen viele an und hören dann schleichend auf“, so der Obmann. Rapp macht den jungen Leuten keinen Vorwurf, er hält auch nichts davon, die Vergangenheit in einem hellen Licht zu zeichnen und die Gegenwart in einem düsteren. „Man darf nicht alles schlechter reden, als es ist“, sagt der Oberdischinger angesichts der Veränderungen in der Gesellschaft. „Es ist auch nicht schlechter, es ist anders geworden.“Heutzutage gebe es nun mal „vielfältige Interessen“, sagt Josef Rapp. Zudem wird der Kreis in Frage kommender Personen kleiner. Die Zahl der Spieler in den meisten Vereinen geht zurück und immer mehr Vereine bilden nicht nur in der Jugend, sondern auch bei den Aktiven Spielgemeinschaften. Daneben fällt es vielen Vereinen zunehmend schwer, Mitglieder für die ehrenamtliche Vereinsarbeit zu gewinnen – was sich auch auf die Schiedsrichter auswirkt. „Es ist für mich auch verständlich, wenn in Vereinen, die selbst Probleme haben, Posten zu besetzen, nicht mit Nachdruck geworben wird, Schiedsrichter zu werden.“
Pilotprojekt des Verbands
Der Oberdischinger weist auf ein Projekt des WFV hin, in dem noch Jüngere als bisher (Rapp: „Ab 14 Jahren ist es gewünscht“) zum Schiedsrichter ausgebildet werden – mit noch intensiverer Vorbereitung und stärkerer Begleitung. Zwölfjährige als Spielleiter? Der pensionierte Lehrer ist davon wenig begeistert, auch wenn er um die großen Wesensunterschiede gerade bei Jugendlichen weiß. „Es gibt welche, die sind tough, während andere noch kindlich sind.“
Dabei sind die Herausforderungen für Schiedsrichter, ob Jugendliche oder Erwachsene, nicht kleiner geworden. „Es ist kein leichter Job“, sagt Rapp und nennt als Beispiel die „verbale Einwirkung von außen“auf den Fußballplätzen. Sich zu zügeln, falle manchen Zuschauern schwer. „Einigen Schiedsrichtern macht das zu schaffen“, so der Obmann, gerade den jüngeren, unerfahrenen.
Dabei werden die Jung-Schiedsrichter nach dem Neulingskurs eine Zeitlang von erfahrenen Unparteiischen betreut und zu Spielen begleitet. Auch danach „erhält man Unterstützung, wenn man sie braucht“, sagt Rapp. „Wir verlieren die Leute ja nicht aus den Augen.“Doch er hat auch die Erfahrung gemacht, dass junge Schiedsrichter über bestimmte Erlebnisse nicht sprechen wollen, „lieber ziehen sie sich zurück“. Und am Ende verliert der Unparteiische die Lust und die Schiedsrichtergruppe ein Mitglied, das sie braucht, um optimistisch in die Zukunft zu blicken.
„Bisher haben wir nahezu alle Spiele besetzen können“, sagt „Bodde“Rapp. „Das wird unter den momentanen Bedingungen, wenn nicht neue Leute kommen, nicht mehr möglich sein.“Und das selbst dann, wenn aufgrund neuer Spielgemeinschaften oder von Abmeldungen von Vereinen die Zahl der Spiele abnimmt – was bereits der Fall ist. „Vergangenes Jahr hatte ich rund 100 Spiele mehr zu besetzen. Wenn es aber auch künftig immer weniger Schiedsrichter gibt, würde eintreten, was in anderen württembergischen Fußballbezirken schon der Fall ist: Spiele von Reserven und der „kleinen Jugend“müssten ohne einen eingeteilten Unparteiischen auskommen. „Man fängt damit dann bei den untersten Spielklassen an.“
Josef Rapp hofft, dass es dazu in seinem Gebiet nicht kommt. Er hofft auf den Neulingskurs im Januar, wobei er unter den Einsteigern nicht nur Jugendliche und junge Erwachsene, sondern gern auch Ältere sähe. „Ich selbst habe auch erst mit 45 Jahren angefangen.“Mit ihm fanden andere daran Gefallen. „Seither haben wir beim SV Oberdischingen ein Schiedsrichter-Übersoll.“Mehr Unparteiische also, als der Verein anhand seiner Mannschaften stellen muss, ohne dass ihn der Verband zur Kasse bittet.