Rosenkrieg mit Kriegswaffe
Im Laufe eines Ehestreits zeigt eine Frau ihren Mann an, weil er ohne Erlaubnis gefährliche Kampfgeräte besitze
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ULM - Jahrelang haben die Ehefrau eines 52-jährigen Maschinenbauers die Hieb- und Stichwaffen an den Wänden im gemeinsamen Haus auf der Alb nicht gestört. Auch den verrosteten Lauf einer vollautomatischen Maschinengewehrs, ein Erbstück des verstorbenen Vaters ihres Mannes, an ein Baustahlgitter montiert, tolerierte sie lange. Bis es zwischen den beiden Eheleuten immer häufiger Streit gab.
Nach dem letzten heftigen Ehestreit im Oktober vergangenen Jahres bekam die Frau angeblich Angst vor ihrem Mann, er könne die Waffen gegen sie einsetzen und informierte in seiner Abwesenheit die Polizei per Telefon. Die Folge: ein Prozess vor dem Schöffengericht. Die Anklage lautete: ein Verbrechen nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz, Mindeststrafe ein Jahr Freiheitsentzug.
„Ich bin kein Verbrecher“, war das Schlusswort des groß gewachsenen Mannes, der in seinem Leben bis dato anscheinend alles richtig gemacht hat, bevor es im Herbst des vergangenen Jahres zur endgültigen Trennung von seiner Frau nach 18 Ehejahren kam.
Der Angeklagte lernte nach der Mittleren Reife Maschinenbauer, absolvierte in Abendkursen die Fachhochschulreife und eine anschließende Technikerausbildung. Als gefragter Monteur in seiner Firma verdiente er netto 3400 Euro, renovierte das eigene Haus, seine beiden Töchter, eine kurz vor dem Abitur mit Berufswunsch Lehrerin und die jüngere kurz vor der Mittleren Reife, sind beim geliebten Vater verblieben, als die Ehefrau das Haus verließ und die Scheidung einreichte.
Die Ehe wankte offensichtlich schon länger. Der Angeklagte musste beruflich kürzer treten, seitdem bei ihm ein Drüsentumor festgestellt wurde. Jetzt verdient er nur noch 2400 Euro im Monat. Das reicht für ihn und seine beiden Töchter und die Abbezahlung des Hauses gerade so. Die Unterhaltsvorstellungen der Ehefrau würden ihn ruinieren: 1800 Euro verlangt sie monatlich, das Scheidungsverfahren steht im nächsten Frühjahr an.
Und jetzt auch noch ein „Verbrecherprozess“, was er nicht verstehen kann. Vor Gericht gab er an, er habe nie und nimmer daran geglaubt, dass der Besitz eines verrosteten Laufs eines MG 44 aus dem Zweiten Weltkrieg ein Verbrechen sein könne.
Auf Fragen des Richters verneinte er, dass er Waffennarr sei, was später auch seine Noch-Ehefrau im Zeugenstand bestätigte, die nach eigenen Angaben vor allem Angst vor der Verwendung der beiden Pistolen in einem Schrank im Schlafzimmer bekommen habe.
Der Vorsitzende Richter betonte, dass der Gesetzgeber bewusst auch für den Besitz von Teilen einer Kriegswaffe so hohe Strafen angesetzt habe. Schließlich wäre es möglich gewesen, den verrosteten Lauf zu reinigen und mit einem Maschinengewehr zu verbinden. Der Verschluss sei noch voll funktionsfähig, stellten später die Waffentechniker des Landeskriminalamtes Stuttgart fest.
Polizisten im Zeugenstand sagten aus, dass sie das gesamte Arsenal im Keller des Hauses vorgefunden hatten, wo die Waffen nach der Renovierung aufbewahrt wurden. Es war größtenteils nicht erlaubnispflichtig, lediglich der Teil eines Maschinengewehrs als Kriegswaffe ist als privater Besitz strengstens verboten. Bei dem beschlagnahmten Sturmgewehr der Marke Mauser fehlte die erforderliche Besitz-Erlaubnis.
Ein Jahr Mindest-Freiheitsstrafe drohten dem bisher unbescholtenen 52-Jährigen.
Doch zur Freude auch seines Anwalts bewiesen sowohl der Staatsanwalt als auch das Schöffengericht Augenmaß und sprachen von einem „minderschweren Fall“und folgten damit der Auffassung des Verteidigers. Das eröffnete die Möglichkeit einer Geldstrafe.
Der Anklagevertreter hielt eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 70 Euro wegen Verstößen gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz und das Waffengesetz für angemessen, das Schöffengericht unterbot den Antrag noch mit 80 Tagessätzen zu 30 Euro , sehr zur Freude des Verteidigers dieses vom Schicksal geplagten Mannes, der sich keiner Schuld bewusst war. Doch Unwissenheit schützt vor