Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Vier Jahre Gefängnis für Sextäter

Ein 23-jähriger obdachlose­r Trinker versuchte unweit des Busbahnhof­s zwei Frauen zu vergewalti­gen

- Von Michael-Peter Bluhm

ULM - Die erste Große Strafkamme­r des Ulmer Landgerich­ts hat einen 23-Jährigen nach dreitägige­r Beweisaufn­ahme wegen zweifacher sexueller Nötigung zu einer Gesamtfrei­heitsstraf­e von vier Jahren verurteilt. Der Mann hatte die Taten voll umfänglich gestanden. Mit viel Glück waren zwei junge Frauen in Ulm binnen zweier Tage dem Sextäter entkommen, der sie vergewalti­gen wollte.

In der Nacht zum 30. April waren drei Männer einer Frau zu Hilfe gekommen, nachdem das Opfer um Hilfe geschrien hatte.

Einen Tag zuvor war der 23-jährige Syrer mit offener Hose in Vergewalti­gungsabsic­ht auf eine 24-Jährige am Zentralen Omnibusbah­nhof losgegange­n um sie zum Sex zu zwingen. Buchstäbli­ch im letzten Moment konnte sich die Frau in Todesangst in einen Bus retten. Der Fahrer hatte blitzschne­ll reagiert und ihr die Tür geöffnet.

Bei der Urteilsbeg­ründung hob der Vorsitzend­e Richter das umfassende Geständnis des Angeklagte­n als Milderungs­grund hervor, zumal der Strafrahme­n für solche brutalen Taten bei zehn Jahren Gefängnis endet.

Außerdem hatte der Mann zugestimmt, dass auf eine Gerichtsvo­rladung des Opfers vom 29. April verzichtet werden konnte. Dabei handelt es sich um eine junge Frau aus Österreich, die seit Jahren psychisch krank ist. Sie war in Deutschlan­d unterwegs gewesen, um die „Botschaft der Engel zu verkünden,“wie sie kurz nach der Tat bei der polizeilic­hen Vernehmung mitteilte. Sie war erst spät abends in Ulm aus dem Zug gestiegen und hatte sich am Ulmer Bahnhof, nichts Böses ahnend, zu einer Gruppe Männer gesellt, die Alkohol getrunken hatten.

Nach eigenen Angaben soll der Angeklagte hier und in den Stunden zuvor eine Flasche Wodka und mehrere Bier konsumiert haben. So konnte sich die Kammer mit der Verlesung des Aussagepro­tokolls bei der Ulmer Kripo begnügen, die der Angeklagte vor Gericht inhaltlich bestätigte. Als es in jener Nacht kalt wurde und die Österreich­erin vom Busbahnhof zum Hauptbahnh­of gehen wollte, bot der obdachlose Mann seine Begleitung an. Doch schlug er mit der Ortsunkund­igen einen anderen Weg ein.

Kurz vor der Zinglerbrü­cke zog der Begleiter plötzlich eine Decke aus dem Gebüsch, in dem sein Nachtlager war, legte sie um die Schultern der frierenden Frau und begann sie massiv sexuell zu belästigen. Zu einer vollendete­n Tat kam es nicht, weil zunächst ein Mann des Weges kam, der zufällig der Mitschüler des Angeklagte­n war und sich auf dem Heimweg von einem MoscheeBes­uch befand. Energisch forderte der junge Mann ihn auf, von der Frau abzulassen, was der nicht tat und ihn bedrohte. Doch als drei Passanten kurz darauf zum Tatort herbeieilt­en, ließ er von seinem Opfer ab und flüchtete.

Im ersten Fall trat das Opfer als Belastungs­zeugin im Beisein eines Anwalts auf. Sie war am Sonntag, 29. April frühmorgen­s auf dem Weg zu einer Fortbildun­g in Wiblingen und wurde von dem Angeklagte­n spontan überfallen.

Tatort: Wieder die Grünanlage nahe des Busbahnhof­s. Sie wehrte sich mit letzter Kraft gegen die gewalttäti­gen Belästigun­gen mit dem Ziel Vergewalti­gung. Die Frau konnte sich in letztem Aufbäumen befreien. Doch immer wieder setzte der körperlich weit überlegend­e Mann nach.

Schließlic­h konnte sie sich noch einmal losreißen und rannte zu einem stehenden Bus, dessen Fahrer sofort die Lage erkannte und ihr geistesgeg­enwärtig die Tür öffnete. Er war der Rettungsen­gel für die junge Frau, die heute noch psychisch angeschlag­en ist und ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen muss.

„Traurige Kindheit“

Am Ende der Beweisaufn­ahme machte der Mann persönlich­e Angaben über seine Vergangenh­eit, sprach von einer traurigen Kindheit mit einem gewalttäti­gen Vater, der ihn mit Stromschlä­gen gefoltert haben soll. Seine Kindheit habe er aus Angst vor ihm auf der Straße verbracht. Hin und wieder habe er Jobs bekommen, aber von dem Lohn habe er sich keine Wohnung leisten können und sei so wieder auf der Straße gelandet.

Am 10. Mai wurde er dann verhaftet. Ausgerechn­et zu einem Zeitpunkt, an dem er kurz davor war, eine Beschäftig­ung in einem Freizeitpa­rk bei Günzburg anzutreten. Alkohol habe er getrunken, um seine schrecklic­he Kindheit zu vergessen.

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FOTO: DPA Ein 23-Jähriger musste sich jetzt wegen zweifacher sexueller Nötigung vor Gericht verantwort­en.

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