Grüne stellt Knecht Ruprecht infrage
Rolle des Gehilfen sei nicht mehr zeitgemäß – Pädagogen verteidigen Fantasiewelt
●
KÖLN (dpa) - Knecht Ruprecht, der finstere Gehilfe von Nikolaus, ist der nordrhein-westfälischen GrünenPolitikerin Josefine Paul ein Dorn im Auge. Er sei nicht mehr zeitgemäß und passe nicht ins heutige Bild der Kindererziehung, sagte Paul der „Rheinischen Post“. Kinder sollten sich auf den Nikolaustag freuen und keine Angst haben. „Vielleicht kann Knecht Ruprecht auch besser beim Tragen der Süßigkeiten helfen, anstatt mit der Rute zu drohen“, schlug die Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik vor.
„Die Figuren sollten keine bestrafenden oder moralisierenden Rollen haben“, sagt auch Maria Große Perdekamp, fachliche Leiterin des Kinderschutzbunds Köln. In den vergangenen Jahren habe es einen entsprechenden kulturellen Wandel gegeben. Oft komme der Nikolaus allein und in seinem „Goldenen Buch“stehe eher Lob als Tadel.
Nach Ansicht des Berliner Psychologen Peter Walschburger könne man den Ruprecht durchaus nutzen, um Kinder daran zu erinnern, dass sie sich an gewisse Regeln halten müssen. „Das sollte jedoch in gütiger, zurückhaltender Weise geschehen, nicht als Drohung“, sagt der Psychologe. Entscheidend sei die Art und Weise der Vermittlung: „In einer vertrauensvollen Atmosphäre, in der die Kinder sich sicher fühlen, wissen sie, dass ihnen nichts Böses geschieht.“
Bleibt die Frage, ob Kinder überhaupt in einer solchen Fantasiewelt aufwachsen sollen? „Auf jeden Fall“, sagt Walschburger. „Es ist wichtig, dass man Kindern diese Illusion erhält.“Der Zauber der Geschichten sei für Kinder sogar bereichernd. Erst ab etwa vier Jahren würden sie langsam „zu kleinen Rationalisten“und erführen dann sowieso irgendwann von irgendjemandem, dass es Nikolaus, Knecht Ruprecht oder das Christkind gar nicht gibt. Spätestens im Laufe der Grundschulzeit ist es meist soweit.
Wichtiges Kulturgut
Auch Kinderschutzbund-Leiterin Große Perdekamp sieht keinen Grund, den Kindern ihren Glauben an die Gabenbringer zu nehmen: „Es ist ein wichtiges Kulturgut, das seine Berechtigung hat, und es entspricht dem magischen Fantasiedenken von Kindern.“Außerdem hätten auch die Mütter und Väter meist Spaß an diesem Ritual.
Eltern sollten nicht von sich aus die Illusion zerstören, sondern warten, bis die Kinder fragen, rät Walschburger. „Solange die Kinder das nicht tun, kann man davon ausgehen, dass sie solche Geschichten auch genießen.“Wenn dann die Fragen kommen, könnten Eltern zum Beispiel die Legende vom wohltätigen Heiligen Bischof Nikolaus von Myra erzählen und so erklären, dass zur Erinnerung daran symbolische Rituale zum Einsatz kommen.