Spenden, die ans Herz gehen
Verein Ulmer Herzkinder unterstützt betroffene junge Menschen – Spendenaktion in Erbach
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ERBACH - 19 Kinder pro Tag kommen in Deutschland mit einem Herzfehler zur Welt. Für die meisten betroffenen Familen eine immense seelische und nervliche Belastung – wie geht es weiter, wem vertraue ich meine Ängste und Sorgen an? Ramona und Pierre Köhler aus Dellmensingen kennen das Gefühl. 21 Jahre ist es her, als ihre Tochter Melanie das Licht der Welt erblickte. Wenige Augenblicke nach ihrer Geburt stellen Ärzte einen vierfachen Herzfehler fest. „Es war wie in einem schlechten Film“, sagt Ramona Köhler. Der erste fachliche und emotionale Austausch beschränkte sich auf die behandelnde Kardiologin. Heute ist Ramona Köhler selbst zur Ansprechpartnerin geworden – sie leitet die Geschäfte des Vereins Ulmer Herzkinder.
„Familien haben es heute leichter als wir vor 21 Jahren. Es ist einfach, besser und stressfreier, sich mit jemandem auszutauschen, der alle Phasen selbst durchlebt hat“, erklärt sie. Denn aus eigener Erfahrung weiß sie: Nach dem anfänglichen Trauma, zahlreichen Operationen und kritischen Momenten, wartet der Alltagsstress. Die Situation sei schließlich nicht vergleichbar mit einem einfachen Arztbesuch bei einer Grippe oder einem Schnupfen. „Für Betroffene und deren Familien wird der Arzt zum Lebensbegleiter.“
Noch am Tag von Melanies Geburt öffnen Ärzte in einer ersten lebensrettenden Operation ihren Brustkorb und kümmern sich um ihr Herz. Sie überlebt, wird erwachsen. Weil sie zudem an einem seltenen Gendefekt leidet, ist sie auf den Rollstuhl angewiesen.
In der Gesellschaft sei das Verständnis und das Wissen über angeborene Herzfehler noch nicht vorhanden, bemängelt Ramona Köhler. Sie sagt deshalb: „Wenn man etwas erreichen will, gehört sich zu outen dazu.“Allein fühlt sich die Familie mit ihrem Schicksal nicht. Ebenfalls in Dellmensingen lebt die Familie Koch. Der Jüngste in deren Bunde hat ebenso einen angeborenen Herzfehler. „Der Erfahrungsaustausch ist besonders wichtig“, erklärt Vater Gerd Koch. Dessen Sohn lernt mit seiner Erkrankung umzugehen: „Im Sport zum Beispiel weiß er mittlerweile ganz genau, wann genug ist.“
Weil es ein Thema ist, das im wahrsten Sinne ans Herz geht, hat Koch bereits im vorigen Jahr eine Spendenaktion in Erbach für den Verein Ulmer Herzkinder gestartet. „Die Rückmeldung und der Erfolg war so überwältigend, dass wir dieses Jahr das Gleiche noch einmal starten“, erklärt er. Diesen Samstag, 8. Dezember, zwischen 12 und 17 Uhr, wird auf dem Parkplatz des Müllermarkts in Erbach die diesjährige Spendensammlung stattfinden. Die Sachpreise für die Tombola werden von örtlichen Firmen gespendet. Dazu singen mittags die Singflöhe aus Dellmensingen unter Leitung von Pfarrer Joachim Haas zusammen mit der Schola aus Erbach unter Leitung von Gabi Aggeler. Zudem präsentieren die Kinder des TSV Erbach Tänze. Weiter werden die Flötenkids aus Dellmensingen weihnachtliche Lieder vorspielen.
Der Erlös geht komplett an den Verein Ulmer Herzkinder. Dieser versteht sich als Selbsthilfegruppe, der die Situation der betroffenen Kinder und Familien vor Ort verbessern möchte. Durch die Spenden werden Seminare oder auch heilpädagogisches Reiten, Kinderherzsport oder regelmäßige Herz-Treffen finanziert. Gerd Koch sagt über die Arbeit des Vereins: „Dort treffen sich sehr nette und kompetente Menschen. Auf Andere zugehen, zur Krankheit zu stehen – das hilft den Eltern und vor allem den Kindern.“