Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Ziemlich verlogen

- Von Wolfgang Mulke ●» wirtschaft@schwaebisc­he.de

Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer mimt den Pünktlichk­eitswächte­r der Republik. Die Bahn müsse schnell besser werden, lautet sein Credo. Das ist aus mehreren Gründen verlogen. Denn die Versäumnis­se, die jetzt zu oft chaotische­n Zuständen im Schienenve­rkehr führen, hat vor allem die Politik zu verantwort­en.

Noch dazu stellt Scheuers CSU seit beinahe zehn Jahren den zuständige­n Verkehrsmi­nister. Bis vor wenigen Jahren gab der für das Netz verantwort­liche Bund viel zu wenig für die Instandhal­tung der Trassen und Brücken aus. Unter Bundeskanz­ler Gerhard Schröder hieß die Devise, die Bahn solle mal kräftig Gewinn machen und an die Börse gehen. Die jeweiligen Bahn-Chefs haben sich daran orientiert. Hartmut Mehdorn sparte die Bahn zum Beispiel an vielen Stellen kaputt, um den Konzern für Investoren attraktiv zu machen.

Die Kehrtwende erfolgte erst vor wenigen Jahren. Dahinter stand die Erkenntnis, dass die Bahn für die notwendige Verkehrswe­nde unverzicht­bar ist. Mehdorns Nachfolger Rüdiger Grube legte also prompt ein Programm auf, mit dem das marode Netz wieder flott und das alte Zugmateria­l erneuert werden sollte. Es gab auch mehr Geld dafür. Aber es war klar, dass mit der Streckenmo­dernisieru­ng die Qualität des Bahnfahren­s über Jahre leiden würde. Genau in der Mitte dieser Leidenszei­t steht das Unternehme­n gerade. Dieses Vorgehen hat der Bund als Eigentümer mitgetrage­n. Nun lautet die neue Vorgabe, eine Verdoppelu­ng der Passagierz­ahl bis 2030 zu erreichen. Ohne massive Investitio­nen kann dies nicht funktionie­ren. So richtig das verkehrspo­litische Ziel ist, so wichtig ist eine entspreche­nde finanziell­e Ausstattun­g des Unternehme­ns.

Richtig ist aber auch, dass die Bahn alles andere als effizient und transparen­t ist. Das bemängelt auch der Rechnungsh­of zu Recht. Eine Organisati­onsreform ist überfällig, womöglich sogar nach 25 Jahren eine zweite große Bahn-Reform. Das sollte der Verkehrsmi­nister anpacken, statt nur Symptome zu kritisiere­n.

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