Aktivistin, Filmemacherin, Vorkämpferin
Dokumentation auf der Berlinale widmet sich der ersten indigenen Spielfilmregisseurin
●
BERLIN - Die Dokumentation „Merata: How Mum Decolonised The Screen“ist einer der spannendsten Beiträge der Berlinale gewesen. Der knapp eineinhalbstündige Film widmet sich der in Neuseeland beheimateten Filmemacherin Merata Mita, die 2010 verstarb. Mit ihrem Debüt „Mauri“war sie 1988 nicht nur die erste Maori-Frau, die einen Spielfilm drehte, sondern sogar die erste indigene Filmschaffende weltweit, der das gelang. Ihr Sohn Hepi Mita setzt ihr nun ein emotionales Denkmal, das mit seinem Blick auf die neuseeländische Kolonialgeschichte nachdenklich macht.
Die Neuseeländer gelten als ungemein nette Zeitgenossen. Durch die „Herr der Ringe“-Filme hat das Land auch ein sehr touristisches Hochglanzimage. Doch dass die weiße Mehrheit in Aotearoa, wie die Ureinwohner die Zwillingsinsel im Pazifik nennen, himmelschreiendes Unrecht verübt hat, wird eher ausgeblendet. Merata Mita war dabei, als das passierte.
Sie dokumentierte filmisch unter anderem die gewaltsame Räumung von Bastion Point („Bastion Point: Day 507“). Im Jahr 1978 beendeten mehrere Hundert neuseeländische Polizisten und Soldaten die friedliche Besetzung eines Landstücks und gingen dabei mit Gewalt gegen die Maori vor. Sie hatten das Areal besetzt, weil es nicht – wie abgemacht – der indigenen Bevölkerung zurückgegeben werden, sondern stattdessen bebaut werden sollte. Gegen diese Ungerechtigkeit setzten sich die Ureinwohner friedlich zur Wehr. Dabei wird deutlich, was das im Titel angesprochene „Decolonise The Screen“bedeutet, was übersetzt soviel heißt wie „den Bildschirm entkolonialisieren“. Ihr ging es darum, denen eine Stimme zu geben, die in den weiß dominierten Medien nicht vorkamen, also die Filmwelt zu „indigenisieren“. Dabei geht es auch um Wertvorstellungen und Herangehensweisen, die sich von westlichen stark unterscheiden.
Bastion Point ist nicht das einzige Beispiel in der sehr emotionalen und sehr persönlichen Dokumentation, das zeigt, wie stark sich Merata Mita gegen soziale Ungerechtigkeit engagierte. Als Mutter von sechs Kindern musste sie sich gegen viele gesellschaftliche Widerstände durchsetzen, um ihrer Passion, dem Filmemachen, nachzugehen.
Mix aus Interviews und Filmen
Hepi Mita, aufgewachsen in der USWestküstenmetropole Los Angeles, begann nach dem Tod seiner Mutter, sich mit ihrem Schaffen zu beschäftigen. Er sichtete teilweise unveröffentlichtes Archivmaterial und stellt Ausschnitten aus den Filmen seiner Mutter Interviews mit seinen Geschwistern gegenüber. Zu Wort kommt aber beispielsweise auch der neuseeländische Regisseur Taika Waititi, für den Merata Mita Vorbild, Mentorin und Wegbereiterin gleichermaßen war. Waititi gelang 2017 mit der Marvel-Verfilmung „Thor Ragnarok“ein Blockbuster, der weltweit 854,2 Millionen US-Dollar einspielte.
Bei der Berlinale war „Merata: How Mum Decolonised The Screen“Teil des Themenschwerpunkts „NATIVe – A Journey into Indigenous Cinema“. Im Fokus standen dabei dieses Jahr indigene Filmemacherinnen aus den Pazifikländern.