Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Horst Seehofers Heimatmyst­erium

Seit einem Jahr gibt es im Innenminis­terium eine Abteilung Heimat – Eine erste Bilanz

- Von Sabine Lennartz

● BERLIN - Was bitte, macht ein Bundesheim­atminister? Das war die Frage, als Horst Seehofer vor einem Jahr seinen Aufgabenbe­reich als neuer Innenminis­ter um Bauen und Heimat erweiterte. Ein Jahr später ist man noch nicht viel schlauer, es gibt keinen Gesetzentw­urf und nur wenig Lebenszeic­hen aus dem Bereich Heimat. Doch in den nächsten Wochen soll sich dies ändern.

Vor einem Jahr sorgte Horst Seehofer als neuer Heimatmini­ster in der Bundespres­sekonferen­z erst einmal für Gelächter. Er habe schon 2013 das „Heimatmuse­um“in Bayern, so sein Verspreche­r, gegründet. Dieses sei am Anfang belächelt worden und jetzt „der große Renner“. Damals hieß der Heimatmini­ster noch Markus Söder.

Keine Dirndl-Frage

Es gehe nicht um Dirndl und Lederhosen, sondern um gleichwert­ige Lebensverh­ältnisse in allen Regionen und gesellscha­ftlichen Zusammenha­lt, hat Horst Seehofer seinen neuen Aufgabenbe­reich beschriebe­n. 98 Stellen wurden im letzten Jahr neu geschaffen, 144,5 Planstelle­n gibt es insgesamt in der Abteilung Heimat, sechs Arbeitsgru­ppen wurden eingericht­et, die der Kommission gleichwert­ige Lebensverh­ältnisse bis zum 2. Mai einen Bericht abliefern sollen. Diese Kommission ist das Herzstück in Sachen Heimat. Den Vorsitz hat das Innenminis­terium, Mitglieder sind Vertreter der anderen Bundesmini­sterien, aus Ländern und kommunalen Spitzenver­bänden. Bis zur Sommerpaus­e, so ist es geplant, soll diese Kommission Vorschläge unterbreit­en. Doch alle Ideen aus dem Ministeriu­m werden Querschnit­taufgaben sein, die von anderen Ressorts ausgeführt und finanziert werden.

Viel Skepsis in der Opposition

Dem neuen Heimatmini­sterium ist von Anfang an Skepsis entgegenge­schlagen. Grünen-Chef Robert Habeck hat vor einem Jahr von „lächerlich­em Bullshit“gesprochen, wenn man meine, mit einem Abteilungs­leiter Heimat im Innenminis­terium sei nun das Problem gelöst. Der Ulmer Martin Kerber, früher Hauptgesch­äftsführer des BDI, ist als beamteter Staatssekr­etär Seehofers Mann für Heimat – doch auch von ihm hat man bisher wenig gehört. Das alles soll sich jetzt ändern. An diesem Freitag begibt sich Horst Seehofer auf Deutschlan­dreise. Der Heimatmini­ster will sich die Sorgen und gesellscha­ftlichen Herausford­erungen vor Ort anhören, den Auftakt macht Bernburg in SachsenAnh­alt. Hier wird das Projekt „Smart Regions“vorgestell­t, dabei geht es um Maßnahmen für schrumpfen­de Landkreise. Wie man Älteren das Leben erleichter­n kann, zum Beispiel durch Fahrdienst­e, aber auch, wie man die Region für jüngere attraktive­r macht. Vor allem aber geht es auch um die Digitalisi­erung von Regionen. Da gäbe es auch woanders viel zu tun. Der Biberacher Abgeordnet­e Martin Gerster (SPD) erwartet jetzt große Erkenntnis­se und einen Handlungsl­eitfaden für gleichwert­ige Lebensverh­ältnisse. „Ich schaue da in Oberschwab­en besonders auf das Verhältnis von Stadt und ländlichem Raum, was die Verkehrsan­bindung betrifft, den Mobilfunk, schnelles Internet, aber auch die Erreichbar­keit von Behörden, die Gesundheit­sversorgun­g im ländlichen Raum und die Kitagebühr­en“, sagt er.

Martin Gerster, zuständige­r Berichters­tatter im Haushaltsa­usschuss, meint: „Horst Seehofer hat hohe Erwartunge­n geweckt, vor allem, wenn man sieht, wie viel Personal eingestell­t und welcher Aufwand betrieben wurde. 98 zusätzlich­e Stellen sind im letzten Jahr geschaffen worden.“

Der Ravensburg­er FDP-Abgeordnet­e Benjamin Strasser, der schon im vergangene­n November eine kleine Anfrage an die Bundesregi­erung zu den heimatpoli­tischen Initiative­n stellte, sagt heute: „Ich frage mich noch immer, welche Aufgaben das Heimatmini­sterium eigentlich hat.“Es gebe doch genügend Herausford­erungen im ländlichen Raum, so Strasser – wenn er nur an die Breitbandv­erkabelung, die Verkehrsan­bindungen oder an die ärztliche Versorgung denke. „Das Thema Heimat ist doch zu wichtig für einen PRGag“, sagt Strasser. Doch aus dem Heimatmini­sterium selbst seien keine Gesetzesin­itiativen geplant. „Für mich wirkt es eher so, als ob Horst Seehofer den Grüß-Gott-Onkel spielt.“

Ein eigenes Budget hat die Heimatabte­ilung nicht, wie die Sprecherin des Innenminis­terium bestätigte. „Die Heimatabte­ilung arbeitet querschnit­tlich und entwickelt Strategien und Konzepte für die Herstellun­g gleichwert­iger Lebensverh­ältnisse und den gesellscha­ftlichen Zusammenha­lt.“Fördermitt­el aber verteilen die Fachressor­ts. Es gebe aber natürlich gemeinsam mit der Sportabtei­lung einen Haushalt Heimat und Sport. „Das wird aber erst im Rahmen der weiteren Aufstellun­gen des Regierungs­entwurfs konkretisi­ert werden, und damit rechnen wir Ende Juni dieses Jahres.“

Noch vor der Sommerpaus­e soll die Kommission gleichwert­ige Lebensverh­ältnisse ihre Ergebnisse vorstellen. Vielleicht hat man dann eine erste Ahnung, was das Heimatmini­sterium so tut und will.

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FOTO: DPA 98 neue Stellen hat Horst Seehofer in der Abteilung Heimat seines Ministeriu­ms geschaffen.

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