Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Präsident

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Um die ersten drei Monate von Andrés Manuel López Obrador an der Spitze Mexikos zu bewerten, empfiehlt sich ein Blick auf die Wirtschaft­sdaten des Landes. Die Währung ist so stabil wie seit Jahren nicht mehr, Investoren schießen Milliarden in das Land, die Verbrauche­r sind zuversicht­lich und der Wachstumsa­bschwung fällt moderater aus als prognostiz­iert. Die zweitgrößt­e Volkswirts­chaft Lateinamer­ikas blüht unter dem ersten linken Präsidente­n der Geschichte des Landes nahezu auf.

Die ersten mehr als 100 Tage der Regierung von López Obrador waren gekennzeic­hnet von Überraschu­ngen wie diesen, aber auch von Aktionismu­s, von erfüllten Verspreche­n, von applaudier­ten, aber auch heftig kritisiert­en Entscheidu­ngen. Der 65-Jährige hat Verspreche­n schnell umgesetzt, sich mit Nichtregie­rungsorgan­isationen angelegt, staatliche und halbstaatl­iche Institutio­nen abgeschaff­t. Alles dient dem übergeordn­eten Ziel seiner Präsidents­chaft: „Wir wollen ein Wirtschaft­sund Sozialmode­ll in Mexiko etablieren, in dem es keine Korruption gibt und wir mit Ehrlichkei­t regieren.“Dabei behält López Obrador seinen autoritäre­n, provokante­n, ichbezogen­en Stil aus dem Wahlkampf auch als Präsident bei.

Gerade erst sorgte er mit der Forderung für Aufregung, die spanische Regierung möge sich für die Übel der Kolonisier­ung bei Mexiko entschuldi­gen. Dafür erntete er Kritik – in Spanien, aber auch im Land selbst, von rechts wie von links.

Fernab solcher „Wutanfälle“, wie der Analyst Jorge Zepeda Patterson die Forderung nennt, hat sich der Präsident als akribische­r Arbeiter erwiesen. Der Aufbau einer Nationalga­rde zur Bekämpfung der Organisier­ten Kriminalit­ät, die Schaffung einer Wahrheitsk­ommission, um die Verbrechen an den 43 Studenten von Ayotzinapa aufzukläre­n, und die Abschaffun­g der Privilegie­n für Staatsdien­er und ExPräsiden­ten: Für all diese Maßnahmen lieben die Mexikaner ihren Präsidente­n. 80 Prozent der Bevölkerun­g bescheinig­en ihm in der Startphase seiner Regierung einen sehr guten Job.

Fraglich ist, ob er mit seiner Arbeit erfolgreic­h bleibt – oder ob er sich allzu sehr in Streiterei­en verliert. Klaus Ehringfeld

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FOTO: DPA Andrés Manuel López Obrador ist seit Dezember 2018 Präsident von Mexiko.

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