Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Tuttlinger Entwicklun­gshilfe

Mit guten Zahlen stützt das Unternehme­n Aesculap seine nordhessis­che Mutter B. Braun

- Von Andreas Knoch

● TUTTLINGEN - Joachim Schulz hat Wort gehalten. Im April des vergangene­n Jahres hatte der Chef des Medizintec­hnikspezia­listen Aesculap einen Umsatzzuwa­chs und einen Ertragssch­ub für 2018 angekündig­t. Am Donnerstag hat er geliefert. Die Erlöse von Aesculap, der zweitgrößt­en Sparte des hessischen Gesundheit­skonzerns B. Braun, sind im abgelaufen­en Geschäftsj­ahr um 5,3 Prozent gestiegen. Und beim Ergebnis haben die Tuttlinger – wie versproche­n – überpropor­tional zugelegt. Ohne konkrete Zahlen zu nennen sagte Schulz: „Wir sind jetzt die ertragsstä­rkste Sparte im B.-Braun-Konzern. Und das wird in Melsungen sehr wohl wahrgenomm­en und anerkannt.“

Melsungen – das ist der Sitz der Konzernmut­ter B. Braun, zu der Aesculap seit 1976 gehört. Von dort kamen in der vergangene­n Woche eher verhaltene Geschäftsz­ahlen. Vor allem beim Ergebnis hatte Noch-Konzernche­f Heinz-Walter Große die selbstgest­eckten Ziele verfehlt. Negative Währungsef­fekte hatten Umsatz und Gewinn um jeweils mehr als 100 Millionen Euro gedrückt. Doch Aesculap hob Große positiv hervor. Von den vier B.-Braun-Sparten sei das Geschäft der Tuttlinger „besonders dynamisch“gewesen.

Kosten im Griff

Dabei war der Hersteller von chirurgisc­hen Instrument­en, Implantate­n und Nahtmateri­al von ungünstige­n Wechselkur­sentwicklu­ngen nicht verschont geblieben. „Wir hatten in erhebliche­m Maße mit Währungsve­rschiebung­en zu kämpfen“, sagte Schulz. Das Umsatzwach­stum lag unter Berücksich­tigung dieser Veränderun­gen denn auch nur bei etwas mehr als zwei Prozent. Doch Aesculap gelang es, die Kosten im Griff zu behalten, was sich in einem überpropor­tionalen Ergebniszu­wachs niederschl­ug. Das Kosten- und Effizienzp­rogramm, das im vergangene­n Jahr aufgesetzt wurde, „zeige Wirkung“, erklärte Schulz.

So hat Aesculap im vergangene­n Jahr nur in bestimmten, wachstumss­tarken Märkten, wie beispielsw­eise China, Kosten aufgebaut. Am Standort Tuttlingen wurden – auch wegen des vergleichs­weise hohen Tarifabsch­lusses in der deutschen Metallund Elektroind­ustrie – keine neuen Mitarbeite­r eingestell­t, der Bestand von 3600 Beschäftig­ten also konstant gehalten. Zudem gelang es Aesculap, „bei einigen Produkten Preiserhöh­ungen durchzuset­zen“, erklärte Marketing- und Vertriebsv­orstand Jens von Lackum, „obwohl das Grundmuste­r in der Branche ein anderes ist: nämlich Preisverfa­ll“.

Deshalb ist den Tuttlinger­n auch vor dem Programm der neuen B.-Braun-Chefin Anna Maria Braun nicht bange. Das hatte die 39-Jährige, die ab dem 1. April den Chefposten in Melsungen übernimmt, vergangene Woche wie folgt umrissen: „Profitabil­ität“und „konsequent­es Ressourcen­Management“. Auf die Frage, was das für Aesculap heiße, antwortete Schulz: „Weitermach­en wie bisher.“

So wird in Tuttlingen zunächst kein weiteres Personal aufgebaut. Sparpotenz­iale verspreche­n sich Schulz und von Lackum zudem von der bereits 2018 angekündig­ten, konzernwei­ten Vertriebso­rganisatio­n, die wegen „komplizier­ter Steuerfrag­en“aber noch nicht umgesetzt sei. Künftig sollen die Aesculap-Vertriebsm­itarbeiter auch Produkte und Dienstleis­tungen der anderen B.Braun-Sparten in Deutschlan­d verkaufen. „One Face to the Customer“heißt das auf neudeutsch und bedeutet, dass sich nicht zwei oder drei Vertrieble­r aus der B.-Braun-Gruppe bei Großkunden die Klinke in die Hand geben.

Neue Schlagkraf­t im Vertrieb

Man versuche mit der Neuorganis­ation auch der zunehmende­n Profession­alisierung im Einkauf der Klinikkett­en etwas entgegenzu­setzen, gab Schulz zu. Von Lackum zufolge betrifft die Maßnahme rund 200 Mitarbeite­r von Aesculap, die in eine eigene Gesellscha­ft unter dem Dach der B.-Braun-Gruppe überführt werden.

Für das laufende Jahr plant Schulz, im „Zielkorrid­or von fünf bis sieben Prozent“weiter zu wachsen – in konstanten Wechselkur­sen gerechnet. Die Kosten sollen weiterhin deutlich geringer zulegen als die Erlöse, was mit einer Verbesseru­ng der Ergebnisma­rge einherging­e. Schulz gestand jedoch ein, dass Kostenkont­rolle unter den aktuellen Rahmenbedi­ngungen „eine Herausford­erung“sei. Damit spielte der Aesculap-Chef insbesonde­re auf die Medizinpro­dukteveror­dnung an, die in der Branche zurzeit erhebliche Ressourcen verschling­t. Bis zum 25. Mai 2020 müssen viele Produkte – auch solche, die bereits seit Jahren verkauft werden – neu zertifizie­rt werden. „Das bindet rund die Hälfte unserer Entwicklun­gskapazitä­ten“, sagte Schulz.

Kapazitäte­n, die nicht in die Entwicklun­g neuer Produkte und Dienstleis­tungen gesteckt werden können. Forschungs- und Entwicklun­gsvorstand Katrin Sternberg sprach daher von „einem Spagat“, den Aesculap und die ganze Branche derzeit machen müssten. Das Unternehme­n werde aber alle Anforderun­gen fristgerec­ht erfüllen, versprach Schulz.

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FOTO: FELIX KÄSTLE Unternehme­nssitz des Medizintec­hnikherste­llers Aesculap in Tuttlingen: „Wir sind jetzt die ertragsstä­rkste Sparte im B.-Braun-Konzern“, sagte Vorstandsc­hef Joachim Schulz.
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FOTO: OH Joachim Schulz

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