Kalkulierter Tabubruch
Der kalkulierte Tabubruch hat von Anfang an zu Rammstein gehört. Auch diesmal ist das Spiel mit der Provokation aufgegangen. Schon vor Veröffentlichung des Videoclips am Donnerstagabend um 18 Uhr explodierte das Internet förmlich und in den sozialen Medien wurde heiß diskutiert: Während die einen der Band vorwarfen, den Holocaust für Werbezwecke zu missbrauchen, rieten andere dazu, sich die Szene erst im Kontext des kompletten Videoclips anzuschauen und dann zu urteilen.
Der fast zehnminütige Clip zum Song „Deutschland“galoppiert in bedeutungsschwangeren Bildern durch mehrere Jahrhunderte deutscher Geschichte: Varus-Schlacht und Holocaust, DDR, RAF und G20 – alles wird zusammengerührt.
Rammstein gefallen sich wie immer in markanten Posen, und doch macht sich die Band im Clip über Nationalstolz lustig – Schäferhunde inklusive. „Meine Liebe kann ich Dir nicht geben“, singt Till Lindemann und meint Deutschland.
Die KZ-Häftlinge überwältigen die Nazi-Schergen, Germania ist eine Schwarze: Rammstein nehmen ihren Kritikern mit dem Clip den Wind aus den Segeln. Hatte ernsthaft irgendwer erwartet, dass Rammstein jetzt Rechtsrock machen? NaziVorwürfe hat die Band schon in den 90ern glaubhaft entkräftet.
Die neuerliche Provokation mag man geschmacklos und verwerflich finden. Als rechts abstempeln lässt sich die Band nicht. Rammstein haben, was sie wollten: beispiellose mediale Aufmerksamkeit – ohne einen Cent für Anzeigen auszugeben.