Vom Brexit zum Brexshit
Ein „FAZ“-Kommentar hat es unlängst auf den Punkt gebracht: Brexshit in der Bredouille. Zunächst einmal haben wir hier den seltenen Fall eines doppelten Kofferwortes. Von Kofferwörtern spricht man, wenn – wie in einem Koffer – zwei verschiedene Begriffe zusammengepackt werden und dann meist nicht ohne Sprachwitz so verschmolzen, dass ein neues Wort entsteht. Zum Beispiel Brunch (Breakfast + Lunch), Teuro (teuer + Euro), Kurlaub (Kur + Urlaub) oder Besserwessi (Besserwisser + Wessi).
Bei Brexshit ist aus dem Kofferwort Brexit (British + Exit) in Verbindung mit shit ein neues englisches Kofferwort entstanden. Dabei kann man sich angesichts der unsäglichen Vorgänge im Londoner Parlament eines beifälligen Nickens kaum erwehren. Aber apropos shit: Entschieden weniger Beifall war dieser Tage unserem Verkehrsminister für seine Fahrradhelm-Kampagne beschieden. Looks like shit, but saves my life (Sieht scheiße aus, aber rettet mein Leben). Dass Andreas Scheuer mit dieser – pardon – bescheuerten Aktion einen Shitstorm
im Netz auslöste, war mehr als verdient. Aber nebenbei bringt es uns wieder einmal zu der Erkenntnis, wie armselig es doch ist, sich hinter einer fremden Sprache zu verstecken. Von Scheißesturm spricht niemand hierzulande. Als Donald Trump vor geraumer Zeit einige afrikanische Länder als Shitholes verlästerte, wurden sie bei uns verschämt zu Drecklöchern.
Und nun Scheuers einfältiger ShitWerbegag auf Englisch. Purer Euphemismus! Aber die Beschönigung von etwas Anstößigem wirkt kindisch, wenn man sie durchschaut.
Nun noch zu Bredouille. Oder Bredulje,
wie man in Berlin sagt und sogar schreibt – analog zu anderen Wörtern, die schon zur Zeit des Zuzugs
von Hugenotten vor 1700 aus dem Französischen übernommen und umgemodelt wurden. Etwa Miljöh, Buletten, Scheselong oder Ragufeng. In Redewendungen wie In der Bredouille stecken, jemanden in die Bredouille bringen oder jemanden aus der Bredouille helfen steht dieses Wort für Verlegenheit, Schwierigkeit oder Bedrängnis. Was die genaue Herkunft von bredouille angeht, so kursieren verschiedene Theorien. Unter anderem soll es ursprünglich Matsch, Dreck bedeuten. Und damit wären wir ganz nahe an deutschen Redewendungen mit dem Wort Patsche. Denn Patsche heißt auch nichts anderes als Matsch, Dreck, Schlamm. Bleibt die Frage: Wer reitet beim Brexit eigentlich wen in die Patsche? Die Engländer die EU? Oder die EU die Engländer? Oder die Engländer vor allem sich selbst? Eine Schlammschlacht ist es schon lange.