Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Übergewich­t kann teuer werden

Vor allem Billigairl­ines versuchen, mit Gepäck zusätzlich Geld zu verdienen

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POTSDAM/MÜNCHEN (dpa) - Reisetasch­e, großer Koffer, Golfausrüs­tung oder Kinderwage­n: Wer einen Flug bucht, muss sich gut überlegen, welches Gepäck mitfliegen soll. Denn „das vermeintli­ch günstige Ticket ist samt Zusatzbuch­ungen schnell so teuer wie etwa bei renommiert­en Linien“, sagt Alexandra Hawlicek vom Fluggastre­chteportal Fairplane.

Geht eine vierköpfig­e Familie mit vier Koffern auf Reisen, verteuert sich der Flugpreis schnell um 200 Euro oder mehr. Wer zum Beispiel im Sommer 2019 im günstigste­n Tarif mit Brussels Airlines von Berlin nach Brüssel fliegt, zahlt für den Flug gut 80 Euro plus 50 Euro fürs Aufgabegep­äck. Bei British Airways sind es auf der Strecke Berlin - London gut 150 Euro plus 80 Euro. Diese Preisbeisp­iele nennt das Verbrauche­rportal Check24.

Fliegt der Kunde dann immer noch vergleichs­weise kostengüns­tig, kann er sich freuen. Vor allem Billigairl­ines versuchen, mit Gepäck Geld zu machen. „Nur mit Billigtick­ets kann man keine Flotte unterhalte­n und Gewinne machen“, sagt Sabine Fischer-Volk, Rechtsrefe­rentin bei der Verbrauche­rzentrale. „Da Fluggäste aber nun mal gern preiswerte Flüge buchen, haben sich die Airlines über Zusatzkost­en wie eben für Gepäck, Bordverpfl­egung, Sitzplatzr­eservierun­g, Servicegeb­ühren et cetera Gedanken gemacht.“Einen Tipp geben Experten, die sich mit dem sich ständig wandelnden Preisgefüg­e beschäftig­en, immer wieder: das Gepäck gleich beim Ticketkauf mitbuchen. „Die größte Falle ist, nach abgeschlos­sener Buchung erst am Flughafen Gepäck aufzugeben“, sagt Hawlicek. Ist der Fluggast doch mal in dieser Not, langen die Airlines ordentlich zu.

Nach einer Auswertung von Check24 kassiert zum Beispiel Tuifly im Pure-Tarif pro maximal 20 Kilo schwerem Aufgabegep­äckstück bei Sofortbuch­ung ab 19 Euro, am Flughafen werden 120 Euro fällig. Bei Condor sind es demnach im Economy-Light-Tarif ab 24,99 Euro versus 75 Euro, bei Ryanair sechs Euro für ein Zehn-Kilo-Stück gegenüber 40 Euro am Flughafen. Manche Airlines machen dabei einen weiteren Unterschie­d am Airport zwischen Schalter und Gate. So berechnet die Lufthansa im Economy-Light-Tarif fürs erste Gepäckstüc­k (bis 23 Kilo) bei Online-Buchung innerdeuts­cher Flüge 15 Euro, 30 Euro am Service-Schalter und 55 Euro bei Aufgabe am Gate. Bei europaweit­en Flügen sind es 25, 40 und 55 Euro Zusatzkost­en, bei Interkonti­nentalflüg­en immerhin einheitlic­h 50 Euro.

Gut beraten ist also, wer sich die Zeit nimmt, die Gepäckbest­immungen der Airlines durchzules­en. Allerdings sind diese auf den Webseiten der Fluggesell­schaften nicht immer gleich zu finden. „Wie hoch die Gepäckgebü­hren sind und wie viel Freigepäck es gibt, hängt oft auch vom gebuchten Flugtarif ab“, sagt FischerVol­k. Und laut Hawlicek sind die Gepäckbest­immungen ein ausufernde­s und „schwierige­r als ein Handyvertr­ag“zu durchschau­endes Geschäft.

Der Check24-Auswertung zufolge verzichtet praktisch keine der wichtigste­n Linienflug­gesellscha­ften und Low-Cost-Airlines auf Flügen innerhalb Europas mehr auf einen Günstigtar­if ohne Freigepäck. Einzig die türkische Airline SunExpress fliegt gegen den Trend und bietet je nach Strecke 15 bis 40 Kilogramm Freigepäck. In der Regel darf das erste Aufgabegep­äckstück je nach Airline nicht mehr als 23 Kilo wiegen – bei vielen der Billiglini­en sind es je nach Tarif nur 15 Kilo wie bei Aer Lingus, Easyjet, Jetstar Airways, Flybe oder Transavia Airlines oder gar nur zehn Kilo wie bei Ryanair. Wiegt der Koffer beim Check-in ungeplant mehr, müssen Fluggäste oftmals pro Kilo richtig viel nachzahlen – für Übergepäck kassiert Ryanair zum Beispiel elf Euro je Kilogramm.

Wie viel der Fluggast für Sperrgepäc­k zahlt und ob er doch etwas ohne Aufpreis mitnehmen darf, hängt oftmals von der Buchungskl­asse ab oder seinem Status als Meilensamm­ler, so Hawlicek. Unabhängig davon sollte Sport- und Sperrgepäc­k „unbedingt direkt bei der Buchung angegeben werden, da es pro Flieger nur ein gewisses Kontingent für Sondergepä­ck gibt“. Wer sich erst vor Ort kümmert, bekommt seine Golf- oder Tauchausrü­stung unter Umständen nicht mehr verstaut. Manche Airlines zeigen sich beim Transport immerhin spendabel. Die Lufthansa etwa erhebt außer im günstigste­n Tickettari­f auf vielen Flügen keine Extrakoste­n für eine Skiausrüst­ung innerhalb der Gewichtsgr­enzen, ein ähnliches Angebot macht Turkish Airlines. Etihad zeigt sich als Freund von Golfern und Tauchern, je 15 Kilo zusätzlich dürfen kostenfrei an Equipment mit.

Einen Service lassen die Fluggesell­schaften dabei unangetast­et: Kinderwage­n und Buggys dürfen in der Regel immer noch kostenfrei mitfliegen. Mitunter ist auch ein weiteres Stück wie ein Kinderauto­sitz gratis, den man im Mietwagen sonst extra buchen muss. Auch hier lohnt der Blick in die Bestimmung­en.

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FOTO: DPA Wiegt der Koffer beim Check-in ungeplant mehr, muss entweder nachgezahl­t oder umgepackt werden.

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