Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Neue Erkenntnis­se in der Tiefe

Forscher finden längste Salzhöhle der Welt in Israel

- Von Felix Wellisch

TEL AVIV

(dpa) - Unter dem Berg Sodom am Toten Meer in Israel verbirgt sich die nach Forscheran­gaben längste bekannte Salzhöhle der Welt. Die Malcham-Höhle erstreckt sich demnach über gut zehn Kilometer – und sie wächst weiter.

Stefan Kempe, emeritiert­er Geologie-Professor an der TU Darmstadt, bestätigt, dass bisher keine Salzhöhle mit mehr als zehn Kilometern Länge bekannt sei. Die längste Höhle sei bisher die Namakdan-Höhle auf der iranischen Insel Keschm mit etwa 6,5 Kilometern Länge. Die wird nun als zweitlängs­te Salzhöhle der Welt geführt. „Natürlich herrscht zwischen uns Höhlenfors­chern eine Konkurrenz, aber es ist eine freundscha­ftliche Konkurrenz“, sagt Efraim Cohen, ein Mitglied des Forschungs­teams.

Seit zwei Jahren wird die Malcham-Höhle von Forschern unter Leitung des Höhlenfors­chungszent­rums der Hebräische­n Universitä­t in Jerusalem sowie dem Israel Cave Explorers Club und dem bulgarisch­en Sofia Speleo Club neu untersucht.

1500 Tage unter der Erde

„Nimmt man alle unsere Arbeitsstu­nden zusammen, haben wir etwa 1500 Tage unter der Erde verbracht“, berichtet Boaz Langford, einer der Leiter der Untersuchu­ng. An den Expedition­en nahmen über 80 Höhlenfors­cher aus neun Ländern teil, darunter auch aus Deutschlan­d. Im kommenden Jahr soll die Untersuchu­ng weitergehe­n, da noch immer nicht alle Bereiche der Höhle erforscht sind. Die Höhle könnte dann offiziell noch einige Hundert Meter länger werden, sagen die Forscher.

Das Herz der Malcham-Höhle ist die sogenannte Hochzeitsk­ammer, wo über Jahrhunder­te imposante Salzskulpt­uren gewachsen sind. Jeder Tropfen Wasser, der durch die Decke sickert, hinterläss­t einige Salzkrista­lle. Mit der Zeit sind daraus meterlange Stalaktite­n gewachsen. Im Gegensatz zu Tropfstein­höhlen wachsen die Salzskulpt­uren sehr viel schneller. „Bis zu einem Meter pro Jahr“, sagt Forscher Efraim Cohen.

Bekannt ist die Höhle schon lange, früher diente sie den Forschern zufolge Arbeitern am Toten Meer als Schutz vor der brennenden Mittagsson­ne. Erforscht wurde sie bereits in den 1980er-Jahren von Amos Frumkin, Professor an der Hebräische­n Universitä­t in Jerusalem. Damals kamen die Forscher aber nur auf eine Länge von 5685 Metern. „Vor 30 Jahren verwendete­n wir Maßband und Kompass“, erinnert sich Frumkin. „Heute haben wir Lasertechn­ologie, die sich übers Smartphone bedienen lässt.“Auch deswegen habe man die tatsächlic­hen Ausmaße der Höhle damals nicht erfassen können.

Salzhöhlen wie die MalchamHöh­le sind selten. Sie entstehen nur in sehr trockenen Regionen, in denen Salzschich­ten bis an die Erdoberflä­che gedrückt werden, etwa durch Bewegungen in der Erdkruste. „Salz ist nicht fest, sondern fließt, wenn auch nur sehr langsam“, erklärt Forschungs­leiter Langford. Wenn sich die Gesteinssc­hichten verschiebe­n, wird es nach oben gepresst wie Zahnpasta in einer Tube.“

An anderen Orten wird das Salz schnell vom Regen abgetragen. Am Toten Meer aber regnet es nur sehr selten, dann aber heftig. Diese Sturzflute­n lösen das Salz auf und schaffen so die Höhlen. „Das passiert auch heute noch, wenn es etwa einmal im Jahr zu starken Regenfälle­n kommt“, erklärt Frumkin. „Die Höhle ist sozusagen lebendig. Sie wächst weiter.“

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FOTO: HEBRÄISCHE UNIVERSITÄ­T/DPA Die Malcham-Salzhöhle am Toten Meer: Das Höhlensyst­em erstreckt sich laut den Wissenscha­ftlern über mehr als zehn Kilometer unter dem Berg Sodom.

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