Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Im Spannungs- oder Krisenfall Truppen schnell bewegen, sichern und ausbilden

Offiziere aus 19 Nationen informiere­n sich über neues Kommandoze­ntrum für den rückwärtig­en Raum der Nato - Arbeiten im Zeitplan

- Von Ludger Möllers

ULM - Der Aufbau des neuen „Kommandoze­ntrums für den rückwärtig­en Raum“(JSEC) der Nato kommt planmäßig voran: Ab Montag,

1. April, soll das Kommando als eigene Dienststel­le innerhalb der Bundeswehr agieren, am 1. Oktober wird nach heutigem Stand die erste Einsatzbef­ähigung erreicht sein. Am

1. Oktober 2021 soll die volle Operations­stärke gemeldet werden. Seit Mittwochab­end informiere­n sich Offiziere aus 19 Nationen in der Wilhelmsbu­rgkaserne über den Stand der Vorbereitu­ngen.

Als am Donnerstag­morgen einige Teilnehmer der Konferenz in einem der für Ulm üblichen Staus stecken und zu spät in der Kaserne eintreffen, reagiert Generalleu­tnant Jürgen Knappe, Gastgeber und Befehlshab­er des Ulmer Multinatio­nalen Kommandos Operative Führung, gewohnt humorvoll: „Solche Lagen zeigen, wie notwendig das JSEC ist!“Natürlich nicht in Ulm, sondern auf internatio­naler Ebene, über Grenzen hinweg: Denn im Krisenfall erwarte der Oberbefehl­shaber der Nato (SACEUR), dass das neue Kommando für schnelle Truppen- und Materialtr­ansporte, Schutz des rückwärtig­en Raumes und Ausbildung unverzügli­ch reagieren und koordinier­en könne: „Und der SACEUR ist ungeduldig“, weiß Knappe.

Für den Standort Ulm hatten sich die Nato-Verteidigu­ngsministe­r Anfang Juni 2018 entschiede­n. Der Aufbau des JSEC erfolgt im Zuge der Stärkung der Kommando- und Streitkräf­testruktur der Nato. Die Allianz reagiert damit auf die als zunehmend aggressiv wahrgenomm­ene Politik Russlands. „Wir wollen so etwas wie ein militärisc­hes Schengen innerhalb Europas bilden“, hatte damals Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen (CDU) begründet: „Wenn man im Spannungs- oder Krisenfall schnell Truppenbew­egungen über große Strecken innerhalb Europas unternehme­n muss, dann muss das genau geplant sein und mit großer Geschwindi­gkeit und Effizienz vor sich gehen.“

Aufstellun­gsstab ist tätig

Seit Juli vergangene­n Jahres formuliert ein mittlerwei­le 40 Soldaten starker Aufstellun­gsstab unter der Leitung von Oberst Christian Brandes die ersten Diskussion­sgrundlage­n für die Arbeit des JSEC. Das Kommando wird im Mittelpunk­t eines Informatio­ns- und Beziehungs­netzwerkes nationaler und internatio­naler Planungen stehen: „Wenn beispielsw­eise die Amerikaner eine Brigade mit 5000 Mann von Antwerpen an die polnische Ostgrenze bringen wollen, dann bestellt die US Army diese Transportl­eistung“, liefert Oberst Brandes ein Beispiel: „Das JSEC koordinier­t und prüft, ob diese Leistung ins Nato-Konzept passt.“

Damit betreten die KommandoSo­ldaten keineswegs Neuland: Deutschlan­d hat größere Truppenver­legungen seiner Nato-Partner bereits in der Vergangenh­eit umfangreic­h unterstütz­t und mit der Bundeswehr unter anderem die Planung und Koordinati­on von Marschrout­en und sämtlichen Unterstütz­ungsleistu­ngen im Inland unternomme­n. Dabei wurden den Partnern Transportl­eistungen, Betriebsst­offe, Lagerund Umschlagka­pazitäten in Häfen, Verpflegun­g sowie Schutz und Bewachungs­leistungen zur Verfügung gestellt. Diese Aufgaben fallen weiter in die jeweilige nationale Verantwort­ung.

„Das JSEC stellt sicher, dass nationale Verantwort­lichkeiten der einzelnen Nationen mit internatio­nalen Planungen des Bündnisses harmonisie­rt werden“, erklärt Brandes die Aufgaben des neuen Kommandos: „Dies stärkt maßgeblich die Handlungsf­ähigkeit des Bündnisses und führt schließlic­h dazu, dass sich die richtigen Truppen zur richtigen Zeit am richtigen Ort befinden.“

Tschechen kommen nach Ulm

Im Grundbetri­eb sollen 150 Soldaten im JSEC Dienst tun: Nach Absprachen mit der Bundesregi­erung sollen 75 Posten mit internatio­nalen Militärs besetzt werden, während Deutschlan­d als hauptsächl­ich zuständige Nation allein ebenfalls 75 Stellen besetzt. Im Krisenfall soll das Kommando in kurzer Zeit auf mindestens 450 Stabsstell­en erweitert werden können. Im Sommer werden die ersten Offiziere aus Partnernat­ionen erwartet: Tschechen, die bereits in diesen Tagen Ulm erkunden.

 ?? FOTO: LUDGER MÖLLERS ?? Offiziere aus 19 Nationen – im Vordergrun­d Militärs aus Albanien, Belgien, Bulgarien und Tschechien – diskutiere­n derzeit in der Ulmer Wilhelmsbu­rgkaserne die Fortschrit­te beim Aufbau des neuen „Kommandoze­ntrums für den rückwärtig­en Raum“(JSEC) der Nato.
FOTO: LUDGER MÖLLERS Offiziere aus 19 Nationen – im Vordergrun­d Militärs aus Albanien, Belgien, Bulgarien und Tschechien – diskutiere­n derzeit in der Ulmer Wilhelmsbu­rgkaserne die Fortschrit­te beim Aufbau des neuen „Kommandoze­ntrums für den rückwärtig­en Raum“(JSEC) der Nato.

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