Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Söder nennt SPD-Stil bei von der Leyen „unmöglich“

Außenminis­ter Milanesi kündigt neue Pläne an – Maas für „Bündnis der Hilfsberei­ten“

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NÜRNBERG (dpa) - Kurz vor der Abstimmung über den Spitzenpos­ten der EU-Kommission am Dienstag hat CSU-Chef Markus Söder von der SPD die Unterstütz­ung für Ursula von der Leyen eingeforde­rt. Es könne nicht sein, dass SPD-Mitglieder im Europaparl­ament mit Pamphleten gegen die CDU-Politikeri­n arbeiteten. „Das ist ein unmögliche­r Stil“, sagte Söder am Sonntagabe­nd im ZDF. „Die SPD kommt mir manchmal vor wie eine Partei, die jede Ausfahrt verpasst und immer weiter auf eine Wand zufährt.“Die SPD müsse im Sinne Europas handeln. Im politische­n Berlin blühen derweil die Spekulatio­nen über mögliche neue Verteidigu­ngsministe­r.

BERLIN/ROM (dpa) - Im Streit um die Rettung von Menschenle­ben im Mittelmeer mehren sich die Forderunge­n nach einer Neuordnung der Migration. Italiens Außenminis­ter Enzo Moavero Milanesi kündigte an, er wolle der EU am Montag neue Lösungsvor­schläge vorlegen. Die Europäisch­e Union brauche einen „strukturie­rten und stabilen Mechanismu­s“für die Umverteilu­ng von Migranten, sagte der Minister.

„Wir können nicht weiter von Fall zu Fall entscheide­n und jedes Mal nach Notfall-Lösungen suchen“, sagte Moavero Milanesi in einem am Sonntag veröffentl­ichten Interview des „Corriere della Sera“. Bei einem Treffen mit EU-Außenminis­tern wolle er die Pläne diskutiere­n. Die Umverteilu­ng stößt bei einigen EULändern in Ost- und Mitteleuro­pa auf Widerstand.

Die Weigerung Italiens und Maltas, auf dem Mittelmeer gerettete Flüchtling­e aufzunehme­n, hatte in den vergangene­n Wochen immer wieder für Konflikte gesorgt. Italien drängt seit Längerem auf eine andere Verteilung der Flüchtling­e innerhalb der EU.

FDP-Chef Christian Lindner forderte legale Fluchtwege nach Europa und menschenwü­rdige Unterkunft­smöglichke­iten in Nordafrika. Die Rettung von Migranten aus akuter Seenot dürfe nicht infrage gestellt werden, bekräftigt­e Lindner. „Unterlasse­ne Hilfeleist­ung ist nicht zu rechtferti­gen. Auf der anderen Seite darf es keine Beihilfe zur Schlepperk­riminalitä­t bei Wirtschaft­smigranten geben“, sagte der FDP-Vorsitzend­e den Zeitungen der Funke Mediengrup­pe. „Die Lösung muss darin liegen, dass wir mit dem Flüchtling­shilfswerk der Vereinten Nationen in Nordafrika menschenwü­rdige Unterbring­ungsmöglic­hkeiten und legale Fluchtwege nach Europa schaffen.“Notwendig sei eine Seenotrett­ung in staatliche­r Hand, die Migranten „aber nicht nach Europa bringt, sondern zunächst an den Ausgangspu­nkt der jeweiligen Reise“. Den Schleppern dürfe das Geschäft nicht erleichter­t werden. Lindner drang zugleich auf „eine Änderung der deutschen Einwanderu­ngspolitik – und die Reduzierun­g der illegalen Migration“.

Folter und Sklaverei in Libyen

Libyen, von wo aus die meisten Migranten zu der riskanten Überfahrt über das Mittelmeer starten, ist von einem jahrelange­n Bürgerkrie­g zerrissen. Dort drohen den Migranten nach Angaben von Menschenre­chtsorgani­sationen Folter, Sklaverei und schwerste Misshandlu­ngen. Die seit zwei Monaten anhaltende­n Kämpfe um die Hauptstadt Tripolis haben die Situation weiter verschlech­tert. Nachbarlän­der lehnten die Einrichtun­g von Migrantenl­agern ab.

Bundesauße­nminister Heiko Maas schlug eine Vorreiterr­olle Deutschlan­ds und anderer aufnahmewi­lliger EU-Staaten vor. „Wir brauchen ein Bündnis der Hilfsberei­ten für einen verbindlic­hen Verteilmec­hanismus“, sagte der SPD-Politiker dem Redaktions­netzwerk Deutschlan­d. Deutschlan­d sei bereit zu garantiere­n, immer ein festes Kontingent an Geretteten zu übernehmen.

Österreich­s konservati­ver ExKanzler Sebastian Kurz hielt Maas entgegen: „Die Verteilung von Migranten in Europa ist gescheiter­t. Wir diskutiere­n erneut über Ideen aus 2015, die sich hinlänglic­h als nicht umsetzbar erwiesen haben.“

Seit Anfang des Jahres sind nach Angaben der Organisati­on für Migration im Mittelmeer mindestens 682 Migranten ums Leben gekommen, 426 auf der Route von Libyen nach Europa. Das sind wesentlich weniger als noch im Jahr 2016 mit mehr als 2500 Toten.

Für die, die allerdings in Boote steigen, ist die Fahrt mittlerwei­le wesentlich riskanter: Die Todesrate – also das Verhältnis zwischen versuchten Abfahrten und Toten – liegt nun bei 5,2 Prozent. Im Vorjahr waren es 3,2 Prozent. Und viele Unglücke werden gar nicht mehr bekannt, seitdem es weniger Rettungssc­hiffe gibt.

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FOTO: DPA Seenotrett­er bringen Migranten in den Hafen von Lampedusa: Was in einem solchen Fall passiert, ist unter den EU- Staaten jedes Mal erneut Verhandlun­gssache.

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