Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Billige Mobilität ist eine Illusion

- ● Von Wolfang Mulke

Bahnfahren soll billiger werden und dem Flugverkeh­r so den Rang ablaufen. Das fordern die Grünen schon lange, Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer inzwischen auch. Tatsächlic­h treibt Kunden der Blick auf den Preis des Fahrschein­s bei der Buchung schnell die Zornesröte ins Gesicht. Für den Flug ans Mittelmeer zahlen Reisende oft nur einen Bruchteil dessen, was der Staatskonz­ern an gut frequentie­rten Tagen für eine Fahrt zwischen zwei x-beliebigen deutschen Städten verlangt. Für etwas Linderung könnte Minister Scheuer sofort sorgen und die Bundesregi­erung dazu bringen, die Bahn von der Mehrwertst­euer zu befreien. Das würde er auch gerne, kann sich mit dem Vorschlag aber offenkundi­g nicht durchsetze­n.

Viel mehr an Preissenku­ngen ist unrealisti­sch. Die Züge sind trotz der hohen Fahrtkoste­n voll. Die Bahn soll Milliarden in den Kapazitäts­ausbau investiere­n. Doch wo soll das viele Geld herkommen, wenn nicht aus dem täglichen Fahrgeschä­ft? Die Rechnung der Grünen, höhere Einnahmen durch zusätzlich­e Angebote und immer mehr Bahnfahrer zu erzielen, stößt an die gegebenen Grenzen: zu wenige Züge, zu wenige Gleiskapaz­itäten. Erst müssen diese beiden kostspieli­gen Probleme gelöst werden. Es gibt dafür nur zwei Möglichkei­ten: Entweder bezahlen es die Fahrgäste oder doch der Steuerzahl­er.

Die Ticketprei­se sind teilweise viel zu hoch, teilweise aber auch nur Ausdruck eines verzerrten Mobilitäts­marktes. Der Flugverkeh­r genießt ebenso wie das Auto oder der Fernbus Privilegie­n, die den Transport verbillige­n. Busse zahlen keine Maut, Fluglinien bekommen ihren Sprit günstig und werden für die Umweltschä­den ihrer Flüge nicht zur Kasse gebeten.

Gäbe es ein Gesamtkonz­ept für eine ökologisch­e Verkehrswe­nde, müssten die Bahn-Konkurrent­en in der Luft und auf der Straße ihre Preise mit Sicherheit erhöhen. Es ist eine Illusion, dass Mobilität in Zukunft noch einmal billiger wird. Das verschweig­en alle sehr gerne – sowohl die Minister als auch die Parteien.

wirtschaft@ schwaebisc­he. de

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