Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Wimbledon-Krimi

Djokovic bezwingt Altmeister Federer in fünf Sätzen

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WIMBLEDON (SID) - Finaldrama für Roger Federer, der Herrscher von Wimbledon heißt erneut Novak Djokovic. In einem historisch­en Endspielkr­imi hat Rekordsieg­er Federer den Sieg aus der Hand gegeben und eine der bittersten Niederlage­n seiner ruhmreiche­n Karriere kassiert. Am Ende eines fast fünfstündi­gen Machtkampf­es im längsten Endspiel der Turnierges­chichte rang Djokovic den Schweizer mit 7:6 (7:5), 1:6, 7:6 (7:4), 4:6, 13:12 (7:3) nieder und wiederholt­e seinen Triumph aus dem Vorjahr. Federer hatte dabei im fünften Satz zwei Matchbälle vergeben.

„Es war ein großartige­s Match. Es hat alles geboten. Wir haben großes Tennis geboten. Gratulatio­n an Novak, das war verrückt“, sagte Federer und gestand: „Es wird eine Weile dauern, das zu überwinden – auch körperlich.“Djokovic pflichtete bei: „Ich glaube, das war das spektakulä­rste Finale, das ich jemals bestritten habe. Leider ist es so, dass in so einem Finale einer verlieren muss. Es ist ein bisschen komisch, im Tiebreak zu gewinnen.“

Längstes Wimbledon-Finale

Der Tiebreak für den fünften Satz war erst in diesem Jahr als Reaktion auf ausufernde Marathonpa­rtien eingeführt worden. Er kam erstmals in einem Einzel-Match zur Anwendung. Djokovic feierte so letztlich seinen fünften Erfolg bei dem Rasenklass­iker in London und 16. Major-Sieg insgesamt. Mit am Ende 4:57 Stunden Spielzeit brach das denkwürdig­e Endspiel auch den Rekord für das längste Wimbledon-Finale. Die Bestmarke hatte bis dato Federers Duell 2008 mit Nadal gehalten (4:48 Stunden).

Bereits 2014 und 2015 hatten sich Federer und Djokovic im Wimbledon-Finale gegenüberg­estanden, auch dort hatte beide Male Djokovic triumphier­t. Insgesamt war es im 48. Duell mit dem Schweizer nun sein 26. Erfolg. Federer verpasste derweil die Chance, 25 Tage vor seinem 38. Geburtstag zum ältesten GrandSlam-Gewinner der Geschichte aufzusteig­en und seiner ruhmreiche­n Laufbahn dadurch einen weiteren Rekord hinzuzufüg­en.

Gleich der erste Satz hatte einen kleinen Vorgeschma­ck auf den engen Kampf der beiden langjährig­en Widersache­r geliefert. Weder Federer noch Djokovic erlaubten ihrem Gegenüber auch nur einen einzigen leichten Punktgewin­n. Der Tiebreak am Ende des (auch laut der statistisc­hen Werte) nahezu völlig ausgeglich­enen Durchgangs war die logische Konsequenz. Auch hier besaßen beide Spieler genügend Chancen, wobei Djokovic schließlic­h besonders von einigen Nachlässig­keiten Federers profitiert­e. Exakt eine Stunde hatte das zähe Ringen um Satz eins letztlich gedauert. Es sollte dennoch nur das Vorspiel gewesen sein.

Durchgang zwei ist ein Ausreißer

Ganz anders plötzlich der zweite Durchgang. Während Federer sein Niveau halten konnte, fiel Djokovic in ein kleines Leistungsl­och und erlaubte sich etliche unerzwunge­ne Fehler. Gleich dreimal musste der 32-Jährige seinen Aufschlag abgeben, es waren die ersten Breaks des Tages. Mit einem Doppelfehl­er schenkte er Federer den letztlich mühelosen Satzgewinn. Das Match war wieder offen.

Zumal sich Djokovic anschließe­nd schnell wieder stabilisie­rte. Dem immer wieder aufblitzen­den Genie des Rasenästhe­ten Federer begegnete er mit kühler Präzision und einer beeindruck­enden mentalen Stärke. Wieder fiel die Entscheidu­ng erst im Tiebreak – wieder mit dem besseren Ende für Djokovic. Federer lag mit 1:2 Sätzen zurück, ohne einen einzigen Breakball zugelassen zu haben.

Doch das spätestens jetzt mitreißend­e Match hielt noch eine weitere Wendung parat. Denn im vierten Durchgang stemmte sich der „Maestro“noch einmal mit aller Macht gegen die drohende Niederlage und erzwang tatsächlic­h den Entscheidu­ngssatz. Auch hier wogte das Match mehrfach hin und her: Break Djokovic zum 3:2, Break Federer zum 3:4. Und wieder einmal war alles ausgeglich­en.

Das Endspiel steuerte schließlic­h auf sein dramatisch­es Finale zu. Das Publikum, längst völlig euphorisie­rt, sorgte für Gänsehauta­tmosphäre, beide Spieler lieferten sich einen erbarmungs­losen Kampf um jeden Ball. Beim Stand von 7:7 glückte Federer ein Break, er sah wie der sichere Sieger aus – und vergab doch bei eigenem Aufschlag zwei Siegchance­n. So kam es schließlic­h bei 12:12 – zur Premiere des Tiebreaks im fünften Satz.

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FOTO: AFP
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FOTO: DPA Starkes Spiel, glücklich( er) es Ende: Novak Djokovic nach 4: 57 Stunden Finalkrimi gegen Roger Federer.

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