Wer kommt, wenn von der Leyen geht?
Neubesetzung des Verteidigungsministeriums könnte eine größere Kabinettsumbildung nach sich ziehen
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BERLIN - Falls Ursula von der Leyen am Dienstag zur neuen EU-Kommissionspräsidentin gewählt wird, ist in Berlin ein Ministerstuhl frei. Es wird kräftig spekuliert, wer der CDU-Politikerin im Verteidigungsministerium folgen könnte – und ob es eine große oder nur eine kleine Kabinettsumbildung geben wird.
Kanzlerin Angela Merkel und CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer wollen gemeinsam entscheiden. Schwierig ist: Merkel hat sich immer für einen Frauenanteil von 50 Prozent bei ihren Ministern eingesetzt. Und da Kramp-Karrenbauer ganz bestimmt nicht selbst auf den Schleudersitz der Verteidigungsministerin drängt, böte sich nur ein Ringtausch an, bei dem dann an anderer Stelle eine Frau zum Zug käme.
Die am heißesten diskutierte Variante ist, dass Gesundheitsminister Jens Spahn Verteidigungsminister werden könnte und die Integrationsbeauftragte Annette WidmannMauz ins Gesundheitsressort nachrücken würde. Noch ist in Brüssel nichts entschieden, doch in der Bundeswehr werden wohl nur wenige Ursula von der Leyen eine Träne nachweinen. Dass sie vor zwei Jahren im Zusammenhang mit der Affäre um den Oberleutnant Franco A. der Bundeswehr insgesamt ein Haltungsproblem attestiert hatte, haben viele nicht vergessen.
Mit Jens Spahn käme ein führungsstarker Nachfolger. Er hat oft genug den Willen zur Macht und auch sein Durchsetzungsgeschick bewiesen. Dass er mit einem Mann verheiratet ist, könnte allerdings bei manchen die Freude über einen Wechsel trüben. Spahn wird genug Ehrgeiz attestiert, ohne Zögern auf ein gewichtigeres Ministeramt zu wechseln. Diese Möglichkeit hätte zudem doppelten Charme. Erstens, weil Annette Widmann-Mauz als frühere Parlamentarische Staatssekretärin im Gesundheitsministerium in diesem Fach absolut zu Hause ist und sich auch sehr dafür interessiert. Zweitens: Weil sie aus Baden-Württemberg kommt – und der Süden nach dem Wechsel des früheren Innenministers Wolfgang Schäuble zum Bundestagspräsidenten nicht mehr mit einem Ministeramt im Kabinett vertreten ist. Durch die Abwahl Volker Kauders als Fraktionschef ist die Südwest-CDU zudem geschwächt worden, sodass bestimmt aus Baden-Württemberg entsprechende Wünsche an die Kanzlerin herangetragen werden.
Fachlich wären als Verteidigungsminister natürlich auch Peter Tauber, Oberleutnant der Reserve und zur Zeit Staatssekretär im Verteidigungsministerium oder Thomas Silberhorn, ebenfalls Staatssekretär im Verteidigungsministerium, sehr geeignet. Tauber gilt als sehr beliebt in der Truppe, und als ehemaliger CDU-Generalsekretär ist er auch mit Merkel gut bekannt. Thomas Silberhorn ist CSU-Politiker – seine Berufung würde also eine weitere Kabinettsumbildung nach sich ziehen. Dann müsste ein anderer CSU-Minister, mutmaßlich der 70-jährige Innenminister Horst Seehofer weichen und einer CDU-Ministerin Platz machen. Als mögliche geeignete Verteidigungsminister gelten in CDUKreisen auch Henning Otte, verteidigungspolitischer Sprecher der Unionsfraktion und Roderich Kiesewetter, der frühere Chef des Reservistenverbandes und Oberst a. D. aus Ellwangen. Am häufigsten fällt aber der Name von Johann Wadephul, Fraktionsvize für Außen und Verteidigung.
Oder kommt doch AKK?
Es gibt aber noch eine ganz andere Variante: CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer hat bisher entschieden, dass sie nicht ins Kabinett möchte. Viele aber raten ihr zu einem Ministeramt, um in Berlin sichtbarer zu werden und sich besser für eine Kanzlerkandidatur zu profilieren. Sollte sie deshalb ihre Meinung ändern, geht man davon aus, dass sie sich für das Innen- oder das Wirtschaftsministerium interessieren könnte, beides Ministerien, die der früheren saarländischen Ministerpräsidentin von den Themen her liegen.
Wirtschaftsminister Peter Altmaier hat bislang die Erwartungen der Wirtschaft nicht erfüllt, oft genug schon wurde Unmut geäußert. Der 61-Jährige gilt als Allzweckwaffe der Kanzlerin, er könnte auch einen Wechsel ins Verteidigungsministerium hinbekommen – und auf diese Art Angela Merkel aus der Bredouille helfen.