Über die Chancen der Kunstsphäre Alb
Bei einer Podiumsdiskussion im Alten Konvikt geht es um die Bedingungen vor Ort
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EHINGEN - Kunstszenen im ländlichen Raum haben seit der Zeit der Impressionisten für Künstler ihren Reiz. Das besondere Licht und der preiswerte Raum für Ateliers haben dabei meist den Ausschlag gegeben. Das Interimsfestival 2019 hat sich mit der Kunstsphäre Schwäbische Alb befasst. Anne Linder von der Städtischen Galerie Ehingen und Marco Hompes von der Villa Rot in Burgrieden haben Künstler, die ihren Arbeits- und Lebensmittelpunkt auf der Alb gefunden haben, besucht und aus einer reichen Auswahl mit den Werken von 14 Künstlern für eine Ausstellung in der Galerie im Rahmen des Interim-Festivals einen Querschnitt dieser Kunstsphäre Alb getroffen, die bis zum 11. August zu sehen ist.
Bei einer Podiumsdiskussion vor rund 50 Besuchern im Theatersaal der Schule im Alten Konvikt haben jetzt Oberbürgermeister Alexander Baumann, die Künstlerin Birte Horn, der Leiter des Künstlerbundes Baden-Württemberg Clemens Ottnad und der Galerist Ewald Schrade über die Chancen der Kunstsphäre Alb diskutiert. Moderator Marco Hompes stellte sie den Zuhörern mit ihrem Werdegang vor. „Wie erlebst du deine Schaffenssituation auf der Alb in Beiningen?“, fragte er Birte Horn. Sie findet unterwegs viele Dinge, die in ihre Arbeiten einfließen, die Ruhe und das günstige Atelier zieht sie dem dichteren Netzwerk in einer Großstadt vor.
„Meine Ausstellungsorte waren nicht die Hotspots der Kunst, als ich hinkam, jetzt sind sie es“, sagte Schrade stolz. Schloss Mochental hat er auf der Fahrt von Kißlegg nach Reutlingen entdeckt und gedacht, ein bisschen mehr Nähe zu Württemberg könne nicht schaden. „Ich habe nie mit meinen Ausstellungen missionieren wollen, hoffe aber, dass ein kleiner Funke überspringt“, sagte Schrade.
Ottnad kündigte an, nächstes Jahr Mitglieder des Künstlerbundes in der Landesvertretung in Berlin ausstellen zu wollen. Er sieht für Künstler auf dem Lande in Zeiten der Globalisierung keine Nachteile. Baumann erklärte, dass Ehingen ein reiches Kulturprogramm biete. „Das Interim-Festival ist nicht vom Himmel gefallen, es bedurfte mühsamer Geburtswehen. Ehingen ist eine kunstaffine Stadt und es wird uns auch gelingen, Neues auf den Weg zu bringen. Beim Festival haben sich viele Menschen zusammengefunden, die sonst nicht zusammenkommen, wie der Albverein und das Jugendhaus“, erklärte der OB.
Hompes sagte, die Stadt leiste sich ein Kulturamt mit einem Etat von vier Millionen Euro und 24 Mitarbeitern. „Was fehlt noch?“, fragte er. Birte Horn sah einen großen Bedarf an kultureller Bildung, ältere Kunstfreunde würden wegbrechen, jüngere müssten aufgebaut werden. „Man muss möglichst viel in die Bevölkerung hineintragen, um Berührungsängste abzubauen“sagte sie. Künstler sollten sich zu Gruppen zusammenschließen, um personelle Ressourcen zu bündeln um die Vertreter der Politik zu überzeugen, schlug Horn vor. Hompes erklärte, wenn ein Künstler von der Gesellschaft leben will, muss er Dinge liefern, die die Gesellschaft haben will. Die Idee des Interim-Festivals kam von unten und wurde durch die Trafo, eine Initiative der Kulturstiftung des Bundes, unterstützt.
Schrade meinte, das positivste Signal wäre, wenn die Politik sagt, wir machen was, als wenn die Künstler Notgemeinschaften bilden müssten um betteln zu gehen. Baumann betonte, wir bräuchten beides und sagte, dass die Stadt von Ausstellungen aus der Galerie regelmäßig Arbeiten ankaufe. „Wir brauchen uns in Ehingen nicht zu verstecken mit dem, was wir tun. Wir sind da ganz gut unterwegs.“