Neue Ansichten am Donauufer
Nach zehn Jahren Planung eröffnet 35-Millionen-Euro-Seniorenzentrum in Ulm
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ULM - Von Neu-Ulm betrachtet, versteckt es sich hinter der KastanienAllee am Valckenburgufer. Erst wer den baden-württembergischen Teil der Schwesterstadt betritt, sieht die wahren Dimensionen des neuen Seniorenzentrums am Donauufer. 35,7 Millionen Euro kostete nach Angaben von Birgit Stier, der Geschäftsführerin von „Agaplesion Bethesda Ulm“, der Bau, der am Freitag offiziell eröffnet wurde.
„Die Einrichtung öffnet sich damit zur Stadt“, sagte Ulms Oberbürgermeister Gunter Czisch. Durch das Nebeneinander von Seniorenwohnungen, Pflegeheim und einem öffentlichen Restaurant werde die Teilhabe beispielhaft gefördert. Der Name Bethesda steht seit Jahrzehnten für eine Spezialklinik in der Region Ulm und Neu-Ulm zur Erkennung und Behandlung von Erkrankungen im Alter.
Konflikt mit Anwohnern
Froh ist Czisch auch, dass ein jahrelang schwelender Konflikt mit den Anwohnern offenbar befriedet wurde. Durch den Bau der Klinik wurde nämlich die Pfefflinger Straße überbaut und im Zollernring sowie Pionierstraße Wendekreise installiert. Lautstark äußerten Anwohner Befürchtungen vor Verkehrschaos und Parkplatznot. Die Protestplakate in der Oststadt sind längst verschwunden. Und aus Sicht von Stier wurden die Anwohner gar entlastet, weil die Klinikbesucher gleich in die Tiefgarage fahren und nicht mehr durch die Pionierstraße kommen.
Durch die Erweiterung am Donauufer werden bis zu 100 neue Stellen geschaffen. 50 im eigentlichen Agaplesion Bethesda und 50 in einem Alterspsychiatrie-Zentrum, das durch das „Zentrum für Psychiatrie“(ZfP) Südwürttemberg betrieben wird. Die Gesellschaft öffentlichen Rechts ist Mieter auf einer Station von etwa 1100 Quadratmetern. Schwerpunktmäßig geht es im ZfP, das sich noch im Aufbau befinde, um die Themen Demenz und Depressionen.
Der ZfP-Regionaldirektor Professor Gerhard Längle sprach bei der Eröffnung von einer „idealen Konstruktion“in Ulm. Die Menschen würden hier „mitten in der Stadt“bei Beschwerden versorgt, die in einer alternden Bevölkerung immer wichtiger würden. Das Thema Rehabilitation im Alter habe früher nach dem Ausscheiden aus dem Berufsleben keine Rolle gespielt, weil es keiner gezahlt hat. Heute werden auch 80-Jährige zu Reha geschickt.
Das neue Senioren-Fitnesszentrum mit Blick auf die Donau ist sozusagen öffentlich: Für 18 Euro im Monat kann jeder Mitglied im Verein „Bethesda Bewegt“werden und trainieren und Kurse buchen: von Wassergymnastik, über gezieltes Fitness- und Krafttraining an Geräten, Wirbelsäulengymnastik, Balancetraining bis hin zu Osteoporose Kursen. Öffentlich ist auch das neue Restaurant „Donauufer“in allerbester Flusslage mit 90 Plätzen im Innenraum und einer großen Terrasse.
Das neue Pflegeheim hat 75 Plätze und ist an ein Therapiezentrum mit ambulanter und stationärer geriatrischer Rehabilitation angeschlossen. Räumlich getrennt, aber im gleichen Gebäude befinden sich 67 barrierefreie Seniorenwohnungen, alle mit Blick in Richtung Donau. Die Residenz biete ein in Baden-Württemberg „einzigartiges Wohnrechtsmodell“, wie Geschäftsführerin Stier sagt. Man erwirbt nicht die Immobilie selbst, sondern ein im Grundbuch eingetragenes Nutzungsrecht. Die Bewohner zahlen sozusagen eine Miete im voraus auf Basis der durchschnittlichen Lebenserwartung nach Daten des statistischen Bundesamts. Wenn ein Bewohner früher stirbt, dann bekommen voraus gezahltes Geld die Erben. Und auch ein freiwilliger Auszug ist mit dreimonatiger Kündigungsfrist möglich.
Zwei Drittel bereits vergeben
Die zu zahlenden Summen nach dem Wohnrechtsmodell bewegen sich im Schnitt zwischen 132 500 Euro für eine 1,5-Zimmer-Wohnung bis 303 500 Euro für eine Drei-ZimmerWohnung. Zwei Drittel der Wohnungen seien bereits vergeben. Warum, liegt für Stier auf der Hand: Mit dem Wohnrechtsmodell, könnten Senioren genau kalkulieren, was für Kosten im Alter auf sie zukommen. Je nach persönlicher Fitness können Leistungen wie Wohnungsreinigung oder Wäschedienst dazu gebucht werden. Seit 2006 hält die gemeinnützige Aktiengesellschaft Agaplesion mit 60 Prozent die Mehrheit der Gesellschafteranteile; die Bethanien Diakonissen-Stiftung hält 40 Prozent.