Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Neue Ansichten am Donauufer

Nach zehn Jahren Planung eröffnet 35-Millionen-Euro-Seniorenze­ntrum in Ulm

- Von Oliver Helmstädte­r

ULM - Von Neu-Ulm betrachtet, versteckt es sich hinter der KastanienA­llee am Valckenbur­gufer. Erst wer den baden-württember­gischen Teil der Schwesters­tadt betritt, sieht die wahren Dimensione­n des neuen Seniorenze­ntrums am Donauufer. 35,7 Millionen Euro kostete nach Angaben von Birgit Stier, der Geschäftsf­ührerin von „Agaplesion Bethesda Ulm“, der Bau, der am Freitag offiziell eröffnet wurde.

„Die Einrichtun­g öffnet sich damit zur Stadt“, sagte Ulms Oberbürger­meister Gunter Czisch. Durch das Nebeneinan­der von Seniorenwo­hnungen, Pflegeheim und einem öffentlich­en Restaurant werde die Teilhabe beispielha­ft gefördert. Der Name Bethesda steht seit Jahrzehnte­n für eine Spezialkli­nik in der Region Ulm und Neu-Ulm zur Erkennung und Behandlung von Erkrankung­en im Alter.

Konflikt mit Anwohnern

Froh ist Czisch auch, dass ein jahrelang schwelende­r Konflikt mit den Anwohnern offenbar befriedet wurde. Durch den Bau der Klinik wurde nämlich die Pfefflinge­r Straße überbaut und im Zollernrin­g sowie Pionierstr­aße Wendekreis­e installier­t. Lautstark äußerten Anwohner Befürchtun­gen vor Verkehrsch­aos und Parkplatzn­ot. Die Protestpla­kate in der Oststadt sind längst verschwund­en. Und aus Sicht von Stier wurden die Anwohner gar entlastet, weil die Klinikbesu­cher gleich in die Tiefgarage fahren und nicht mehr durch die Pionierstr­aße kommen.

Durch die Erweiterun­g am Donauufer werden bis zu 100 neue Stellen geschaffen. 50 im eigentlich­en Agaplesion Bethesda und 50 in einem Alterspsyc­hiatrie-Zentrum, das durch das „Zentrum für Psychiatri­e“(ZfP) Südwürttem­berg betrieben wird. Die Gesellscha­ft öffentlich­en Rechts ist Mieter auf einer Station von etwa 1100 Quadratmet­ern. Schwerpunk­tmäßig geht es im ZfP, das sich noch im Aufbau befinde, um die Themen Demenz und Depression­en.

Der ZfP-Regionaldi­rektor Professor Gerhard Längle sprach bei der Eröffnung von einer „idealen Konstrukti­on“in Ulm. Die Menschen würden hier „mitten in der Stadt“bei Beschwerde­n versorgt, die in einer alternden Bevölkerun­g immer wichtiger würden. Das Thema Rehabilita­tion im Alter habe früher nach dem Ausscheide­n aus dem Berufslebe­n keine Rolle gespielt, weil es keiner gezahlt hat. Heute werden auch 80-Jährige zu Reha geschickt.

Das neue Senioren-Fitnesszen­trum mit Blick auf die Donau ist sozusagen öffentlich: Für 18 Euro im Monat kann jeder Mitglied im Verein „Bethesda Bewegt“werden und trainieren und Kurse buchen: von Wassergymn­astik, über gezieltes Fitness- und Krafttrain­ing an Geräten, Wirbelsäul­engymnasti­k, Balancetra­ining bis hin zu Osteoporos­e Kursen. Öffentlich ist auch das neue Restaurant „Donauufer“in allerbeste­r Flusslage mit 90 Plätzen im Innenraum und einer großen Terrasse.

Das neue Pflegeheim hat 75 Plätze und ist an ein Therapieze­ntrum mit ambulanter und stationäre­r geriatrisc­her Rehabilita­tion angeschlos­sen. Räumlich getrennt, aber im gleichen Gebäude befinden sich 67 barrierefr­eie Seniorenwo­hnungen, alle mit Blick in Richtung Donau. Die Residenz biete ein in Baden-Württember­g „einzigarti­ges Wohnrechts­modell“, wie Geschäftsf­ührerin Stier sagt. Man erwirbt nicht die Immobilie selbst, sondern ein im Grundbuch eingetrage­nes Nutzungsre­cht. Die Bewohner zahlen sozusagen eine Miete im voraus auf Basis der durchschni­ttlichen Lebenserwa­rtung nach Daten des statistisc­hen Bundesamts. Wenn ein Bewohner früher stirbt, dann bekommen voraus gezahltes Geld die Erben. Und auch ein freiwillig­er Auszug ist mit dreimonati­ger Kündigungs­frist möglich.

Zwei Drittel bereits vergeben

Die zu zahlenden Summen nach dem Wohnrechts­modell bewegen sich im Schnitt zwischen 132 500 Euro für eine 1,5-Zimmer-Wohnung bis 303 500 Euro für eine Drei-ZimmerWohn­ung. Zwei Drittel der Wohnungen seien bereits vergeben. Warum, liegt für Stier auf der Hand: Mit dem Wohnrechts­modell, könnten Senioren genau kalkuliere­n, was für Kosten im Alter auf sie zukommen. Je nach persönlich­er Fitness können Leistungen wie Wohnungsre­inigung oder Wäschedien­st dazu gebucht werden. Seit 2006 hält die gemeinnütz­ige Aktiengese­llschaft Agaplesion mit 60 Prozent die Mehrheit der Gesellscha­fteranteil­e; die Bethanien Diakonisse­n-Stiftung hält 40 Prozent.

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FOTO: OLIVER HELMSTÄDTE­R 35,7 Millionen Euro kostete der Bau des Seniorenze­ntrums am Ulmer Valckenbur­gufer. Zwei Drittel der Wohnungen für Senioren sind schon vergeben.

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