Schwäbische Zeitung (Ehingen)

„Schon doof“

Crash mit Verstappen und Rang 16 – Sebastian Vettels Talfahrt erreicht in Silverston­e ihren Höhepunkt

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SILVERSTON­E (SID/dpa) - Formel-1Weltmeist­er Lewis Hamilton ließ sich von 141 000 Fans in Silverston­e wie ein Popstar für seinen Sieg feiern, der schwer geschlagen­e Sebastian Vettel verschränk­te derweil einige Hundert Meter entfernt die Arme ein wenig ratlos vor der Brust. Schlecht gelaunt und mit tiefen Falten auf der Stirn musste der Ferrari-Star seinen spektakulä­ren Crash mit Max Verstappen erklären, der ihn beim Großen Preis von Großbritan­nien einen Platz auf dem Podium gekostet hatte. Der Unfall „geht auf meine Kappe“, gestand Vettel ein. Übermotivi­ert war er in das Heck des Red-Bull gedonnert, den der Niederländ­er lenkte. „Ich war auch schon bei Max und hab mich entschuldi­gt.“

Für den Heppenheim­er geht damit die Gruselseri­e von Pleiten, Pech und Pannen in dieser Saison weiter. „Ich dachte, ich hätte eine Chance auf der Innenseite. Es sah aus dem Cockpit so aus, als würde er nach rechts zucken. Aber in dem Moment ist die Lücke wieder zugegangen, da war ich dann zu dicht dahinter und zu spät“, sagte Vettel über den Aufreger des Rennens in der 38. Runde. „Ich bin natürlich nicht zufrieden. Das war schon doof, weil ich glaube, das Ergebnis wäre gut gewesen.“

Sieben Strafpunkt­e auf dem Konto

Doch so landete Vettel beim nächsten Sieg von Weltmeiste­r Hamilton nach einer verdienten Zehn-SekundenSt­rafe und einem weiteren Boxenstopp für einen neuen Frontflüge­l nur auf Platz 16. Rang drei wäre nach einem schwachen Qualifying (mit Position sechs) möglich gewesen, doch Vettel kommt in diesem Jahr aus der Krise einfach nicht raus. Ausgerechn­et vor seinem Heimrennen in zwei Wochen in Hockenheim musste der 32-Jährige, der seit fast einem Jahr auf einen Sieg wartet, nun den nächsten herben Rückschlag einstecken. Zudem hat er jetzt sieben Strafpunkt­e auf dem Konto – bei zwölf muss er ein Rennen aussetzen.

Vom Chaos völlig unbeeindru­ckt gewann Hamilton nach einer starken Vorstellun­g bereits zum sechsten Mal in seinem „Wohnzimmer“(das nur 80 Kilometer von Stevenage entfernt ist – dem Ort, in dem Hamilton aufwuchs) und ist nun alleiniger Rekordsieg­er beim britischen Grand Prix. Mit seinem siebten Triumph in diesem Jahr baute der 34-Jährige seine ohnehin schon komfortabl­e WMFührung zudem weiter aus. Auf seinen Teamkolleg­en Valtteri Bottas, der am Sonntag Zweiter wurde, hat Hamilton bereits 39 Punkte Vorsprung. Charles Leclerc („Das war wahrschein­lich das Rennen, das mir in meiner bisherigen Formel-1-Karriere am meisten Spaß gemacht hat“) wurde im zweiten Ferrari Dritter und kam damit zum dritten Mal in Serie vor Sebastian Vettel ins Ziel.

„Ich kann nicht sagen, wie stolz ich bin“, sagte Hamilton, den Union Jack um die Schultern. „Man denkt, man kann sich an so etwas gewöhnen. Nein, es ist jedes Mal wie das erste Mal.“

Hamilton gewohnt souverän

Hamilton fuhr von Beginn an mit ordentlich Wut im Bauch, nachdem ihm Bottas am Samstag vor den eigenen Fans die Pole Position weggeschna­ppt hatte. 24 Stunden später war der Weltmeiste­r bei einem packenden Rennen mit vielen hart geführten Rad-an-Rad-Duellen allerdings nicht zu schlagen und konnte es sich sogar leisten, eine Team-Anweisung zum Reifenwech­sel am Ende zu ignorieren.

Max Verstappen konnte sein Rennen nach dem Unfall mit Vettel ohne größere Schäden fortsetzen. Der 21-Jährige, der zuletzt in Österreich gewonnen hatte, wurde noch Fünfter. „Es ist natürlich schade, aber ich habe schon mit Sebastian gesprochen, er hat sorry gesagt“, sagte Verstappen mit überrasche­nd versöhnlic­hem Ton. „Ich sollte eigentlich da oben auf dem Podium sein, am Ende bin ich trotzdem noch zufrieden, dass ich ein paar Punkte gesammelt habe.“

Das hätte Sebastian Vettel wohl auch gerne gesagt. Lieber gewiss als „sorry“.

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FOTO: IMAGO IMAGES Da war sein Rennen gelaufen: Sebastian Vettel ( li.) lenkt seinen Ferrari ins Heck von Max Verstappen­s Red Bull.

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