Nationalfeiertag mit Julian Alaphilippe und Thibaut Pinot
Die Tour de France 2019 ist derzeit eine Tour der Franzosen – Vorjahressieger Geraint Thomas im Pech
BRIOUDE (dpa/SID) - Direkt hinter der Zielline empfing Marcel Kittel seinen Freund Tony Martin nach dessen tapferem Ausreißversuch, doch auch am neunten Tag gab es für die deutschen Radprofis nichts zu feiern. Stattdessen ging die große RadsportFete der Grande Nation am Nationalfeiertag weiter. Als der südafrikanische Tagessieger Daryl Impey längst feststand, bestritt der gefeierte Julian Alaphilippe ganz gemütlich die letzten Kilometer nach Brioude auf seinem Rad und scherzte mit seinen Landsleuten. „Es ist unglaublich, dieses schöne Trikot zu tragen“, sagte er.
Mit seiner erneut wilden Attacke hatte der Franzose sein Land bereits am Samstag beglückt und sich selbst zurück ins Gelbe Trikot gebracht. „Wenn man das Trikot hat, will man es nicht mehr hergeben“, sagte Alaphilippe. Sein Tag in Gelb glich einer kleinen Triumphfahrt. Von einem „berauschenden Zustand“schrieb gar die Sportzeitung „L’Équipe“.
Martin reißt aus und wird müde
Dank Publikumsliebling und Mitfavorit Thibaut Pinot dürfen die Gastgeber vom ersten Gesamtsieg seit 34 Jahren träumen. Am Samstag hatte das Duo den weiteren Favoriten mit einer mutigen Attacke einige Zeit abgenommen. „Die französische Allianz. Sie haben dem französischen Radsport Ehre erwiesen“, schrieb „L’Équipe“. Auch der Sieg des Südafrikaners Impey am Sonntag konnte die Party in blau, weiß und rot nicht stoppen. Die deutschen Radprofis um Tony Martin, der als Letzter einer Ausreißergruppe 15. wurde, müssen nach neun Etappen weiter warten.
Nach einem kräftezehrenden Samstag ließen die Teams am Sonntag eine Fluchtgruppe um Zeitfahrspezialist Martin gehen, die sich schnell einen Vorsprung von zehn Minuten herausfuhr. Etwa 40 Kilometer vor dem Ziel wurde die Gruppe gesprengt, der Österreicher Lukas Pöstlberger riskierte ein Solo, wurde aber am Schlussanstieg eingeholt. Stattdessen siegte Impey im Sprint vor Tiesj Benoot und Jan Tratnik.
„Ich hatte keine Probleme in der Gruppe, aber im Finale war ich doch relativ müde. Es hätte definitiv nicht für ganz vorne gereicht“, analysierte Jumbo-Visma-Profi Martin. Letztlich verpasste er die Belohnung für seine bisherigen Leistungen, hatte er doch viel zu den drei Tageserfolgen seiner Mannschaft beigetragen.
Überschattet wurde das neunte Teilstück von einem schweren Sturz des Italieners Alessandro De Marchi. Der Profi vom Team CCC stürzte nach wenigen Kilometern, lag zunächst regungslos auf dem Boden und wurde anschließend mit dem Krankenwagen abtransportiert. Er habe eine tiefe Risswunde im Gesicht davongetragen, schrieb sein Team später.
Einen weit harmloseren Sturz hatte Vorjahressieger Geraint Thomas am Samstag ohne bleibende Schäden und ohne Zeitverlust auf das Feld überstanden. „Das ist frustrierend“, sagte der Waliser. „Wäre ich nicht gestürzt, hätte die Geschichte vielleicht einen anderen Ausgang gehabt.“So überholte ihn Mitfavorit Pinot im Gesamtklassement. „Ich bin in einer großartigen Form“, sagte der Franzose nach dem Ausrufezeichen auf der Berg- und Talfahrt nach Saint Étienne am Samstag.
Buchmann jetzt Gesamtzehnter
Für die deutschen Profis läuft die Frankreich-Rundfahrt weiter ernüchternd. Emanuel Buchmann verbesserte sich im Klassement immerhin auf Rang zehn. Nils Politt verpasste am Sonntag den Sprung in eine Ausreißergruppe, Martin war letztlich chancenlos. Da passte es ins Bild, dass der 14-malige Etappensieger und einstige Sprint-Dominator Marcel Kittel der Tour einen Besuch abstattete.
Der 31-Jährige nimmt derzeit eine persönliche Auszeit und weiß noch nicht, ob er seine Karriere überhaupt fortsetzen möchte: „Die Frage, die sich mir stellt, ist: Welche Möglichkeiten habe ich für 2020? Ich brauche die richtigen Leute um mich herum.“