Nach zwei bis drei Tagen gingen US-Bomber „ins Netz“
Hensoldt-Sprecher Lothar Belz über einen weltweit beachteten Coup – Wie es gelang, zwei für Radare unsichtbare US-Tarnkappenbomber sichtbar zu machen
ULM (rau) - Die Nachricht hat weltweit für Aufsehen gesorgt im Kreise von Militärs und der Rüstungsindustrie. Experten der Ulmer Rüstungsfirma Hensoldt ist es gelungen, die für Radare eigentlich unsichtbaren USTarnkappenbomber vom Typ F35 sichtbar zu machen – auf einem neuen Radarsystem namens „Twinvis“, welches im Frühjahr in Ulm vorgestellt worden ist. Wir haben Firmensprecher Lothar Belz gefragt, wie es sich anfühlt, der Weltmacht Nr. 1 ein Schnippchen geschlagen zu haben.
Herr Belz, wie viele Sektkorken haben bei Ihnen geknallt, nachdem die „unsichtbaren“US-Bomber auf dem neuen Radar Ihrer Firma erschienen sind?
Eigentlich keine. Der geglückte Versuch, der sich ja bereits im vergangenen Jahr am Rande der Luftfahrtmesse ILA in Berlin ereignet, aber erst jetzt seinen Weg an die Öffentlichkeit gefunden hat, hat uns vor allem gezeigt, dass unser neues System auch in dieser Hinsicht funktioniert. Ein bisschen Stolz war aber natürlich trotzdem dabei.
Was ist der Unterschied Ihres Radars zu herkömmlichen Systemen?
Unser System wertet die Signalechos von Rundfunk- und Fernsehsendern aus und erstellt daraus in Echtzeit ein Luftlagebild im Umkreis von über 200 Kilometern – ohne selbst zu strahlen. Der Pilot einer erfassten Maschine bekommt es also nicht mit, wenn er von unserem Passivradar erfasst wird.
So wie die Piloten der US-Tarnkappenbomber in Berlin...
Genau. Wir konnten nicht davon ausgehen, dass der US-Hersteller Lockheed diese auch tatsächlich nach Berlin schicken würde. Aber wir haben es vermutet. Als dies dann klar war, haben unsere Experten einen Platz gesucht, an dem sie das Radar platzieren konnten. Fündig wurden sie in einem Stall auf dem Gelände eines Bauernhofes bei Berlin.
Wie lange hat es gedauert, bis die Flieger dann auch tatsächlich „ins Netz“gegangen sind?
So zwei bis drei Tage haben wir gewartet. Dann sind die Flieger auf dem Radar erschienen.
... auf einem Radar, dessen Antenne aus dem Dach eines Vans gefahren wird. Erinnert ein wenig an James Bond.
Ist aber reine Physik und letztlich ist die Funktionsweise des Radars auch schon länger bekannt, auch den verschiedenen Militärs und Ländern, die sich für die Technik interessieren. In dem Gerät steckt aber Entwicklungsarbeit von zehn Jahren. Diese Arbeit ist vollends an unserem Standort in Ulm abgelaufen.
Haben Sie schon Radar-Vans verkauft?
Noch nicht. Wir stecken derzeit im Zertifizierungsprozess. Wir gehen davon aus, dass wir die ersten Geräte im kommenden Jahr in den Verkauf bringen werden.
Stehen die Kunden bereits Schlange?
Das könnte man sagen. Es interessieren sich jedoch nicht nur Militärs für „Twinvis“, sondern auch die Polizei. Der Einsatz kann sich dann lohnen, wenn Schmuggler mit Flugzeugen über Grenzen hinweg operieren und unentdeckt bleiben möchten.
Haben sich die Amerikaner bei Ihrer Firma gemeldet, nachdem die eigentlich „unsichtbaren“Bomber von Ihrem neuen Radar aufgespürt worden sind?
Bis jetzt noch nicht.