Tausende demonstrieren gegen rechts
Solidaritätsbekundungen nach Terroranschlag – Ellwangen verbietet Rechtsrock-Konzert
BERLIN/HALLE/ELLWANGEN (dpa/ sz) - Der Terroranschlag von Halle hat bundesweit Entsetzen ausgelöst. Nun setzten am Wochenende in vielen deutschen Städten Bürger Zeichen gegen Antisemitismus und rechte Gewalt. Die Demonstration des „Unteilbar“-Bündnisses in Berlin am Sonntag war die größte. Die Polizei schätzte die Zahl der Teilnehmer beim Protestzug zur Neuen Synagoge auf 8000, die Organisatoren sprachen von 16 000. In Halle gedachten mehr als 1000 Menschen der Opfer und zeigten ihre Solidarität mit der jüdischen Gemeinde. Vielfach wurde kritisiert, dass nach der Bluttat wieder von einem Einzeltäter die Rede sei und das gesamtgesellschaftliche Problem von Rechtsextremismus und Rassismus verkannt werde. Derweil hat die Stadt Ellwangen ein für Samstagabend geplantes Rechtsrock-Festival verhindert.
Die kommenden Tage stehen im Zeichen der politischen Aufarbeitung: So will sich an diesem Montag das geheim tagende Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) für die Geheimdienste mit dem Anschlag befassen. Der Bundestag soll diese Woche über die Bluttat debattieren. Am Freitag dürfte es ein Sondertreffen der Innenminister von Bund und Ländern in Berlin geben.
Der 27-jährige Rechtsextremist Stephan B. aus Sachsen-Anhalt hatte am Mittwoch versucht, in die Synagoge in Halle einzudringen, wo er ein Massaker anrichten wollte. Als der Plan scheiterte, erschoss er wahllos eine Passantin und einen Mann in einem Döner-Imbiss. B. sitzt in Untersuchungshaft. Er hat die Tat gestanden und antisemitische sowie rechtsextremistische Motive angegeben. Den Behörden sind nach eigenen Angaben bisher keine Mittäter bekannt. Jedoch deutet vieles darauf hin, dass B. in internationalen rechten Online-Foren unterwegs war.
Im Ostalbkreis wurde unterdessen am Samstag ein rechtsextremistisches Rockkonzert unterbunden. Die Veranstaltung habe „eindeutige Bezüge zu der Bewegung ,Blood and Honour‘“gehabt, hieß es in der Mitteilung der Stadt Ellwangen, des Landeskriminalamts und der Polizei vom Sonntag. Das Neonazi-Netzwerk „Blood and Honour“ist in Deutschland verboten. Die Veranstalter hatten nur eine Geburtstagsparty angemeldet.
ELLWANGEN (ij/fg) - Die Stadt Ellwangen und die Polizei haben ein Konzert von rechtsextremistischen Musikgruppen am Samstagabend auf dem Freizeitgelände Wagnershof verhindert. Den Veranstaltern wurde laut einer Pressemitteilung eine Verbotsverfügung ausgehändigt. Es sollen eindeutige Bezüge zur „Blood and Honour“-Bewegung vorliegen.
Bei dieser Bewegung handelt es sich um eine international aktive und rechtsextremistische Skinhead-Organisation. Die Veranstalter des Konzerts hatten offensichtlich nur eine Geburtstagsparty angemeldet. Bundesweit soll dafür geworben worden sein. Der Verfassungsschutz informierte das Landeskriminalamt Baden-Württemberg und das Polizeipräsidium Aalen. Die Beamten gaben die Informationen an die Stadt Ellwangen weiter. Einsatzkräfte der Polizei waren ab Samstagmorgen in Ellwangen präsent, um die Verbotsverfügung durchzusetzen.
Der Anmieter des Freizeitgeländes ist laut Pressemitteilung seit vielen Jahren in der deutschen rechtsextremistischen Szene aktiv und hat nachweislich Bezüge zur „Blood and Honour“-Bewegung. Polizeisprecher Holger Bienert erklärte auf Anfrage, der Mann, der die angebliche Geburtstagsparty feiern wollte, sei am Samstagmorgen auf das Gelände gekommen. Dort hätten ihn Polizeikräfte in Empfang genommen. Bürgermeister Volker Grab habe dem Veranstalter die Verbotsverfügung der Stadt ausgehändigt.
Der Verein, der das Freizeitgelände ehrenamtlich betreibt, sei von dem Mietvertrag zurückgetreten und habe erklärt, rechtsextreme Veranstaltungen auf dem Areal in keiner Weise zu dulden. Nach Angaben von Ellwangens Bürgermeister Volker Grab hätten bei dem Konzert vier Bands auftreten sollen. Der Wagnershof ist ein Freizeitgelände in Ellwangen, auf dem Zeltlager für Kinder und Jugendliche sowie Vereinsfreizeiten stattfinden. Das Areal, das von einem Trägerverein betreut wird, kann auch für private Feiern gemietet werden.
Wie das Nachrichtenportal nordbayern.de berichtet, hatten die Organisatoren offenbar auch versucht, das Rechtsrock-Konzert in der Nähe von Bechhofen im bayerischen Landkreis Ansbach stattfinden zu lassen. Auch dort war die Veranstaltung als Geburtstagsfeier deklariert gewesen. Auch hier wurde das Konzert durch Einsatzkräfte der Polizei unterbunden.