Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Wahlsieg dank Wohltaten

- Von Daniel Hadrys ●» d.hadrys@schwaebisc­he.de

S● o sieht also der „gute Wandel“aus, von dem Polens Ministerpr­äsident Mateusz Morawiecki spricht: Die Unabhängig­keit der Obersten Richter wird eingeschrä­nkt, der öffentlich-rechtliche Sender TVP zum Propaganda-Apparat umfunktion­iert und Minderheit­en werden diskrimini­ert. Mit dem Wahlergebn­is von 44 Prozent kann die nationalko­nservative Regierungs­partei „Recht und Gerechtigk­eit“(PiS) diesen Weg bequem weitergehe­n. Der Erfolg gibt ihr Kraft im Armdrücken mit der EUKommissi­on, die wegen der umstritten­en Justizrefo­rm erstmals ein Rechtsstaa­tsverfahre­n gegen ein Mitgliedsl­and eröffnet hat.

Wer in den Bürgern Polens nun Liebhaber autokratis­cher Strukturen sieht, der irrt gewaltig. Auch wäre es ignorant, die PiS-Wähler zu EU-Feinden zu erklären. Denn der Umbau des Justizsyst­ems ist für sie nur eine Fußnote der vergangene­n Legislatur­periode. Er ist weit weg vom Alltag der Menschen. Was aber sehr wohl bei ihnen ankommt, ist das teure PiS-Programm zum Ausbau des Sozialstaa­ts. Man vergisst beim Dauerzwist mit der EU leicht, dass die PiS dem Land eine bislang einmalige Sozialkur verpasst hat. Millionen von Eltern profitiere­n vom „Kindergeld 500+“. Umgerechne­t 115 Euro bekommt jede Familie ab dem zweiten Kind – viel Geld in einem Land, in dem der durchschni­ttliche Bruttolohn rund 1000 Euro beträgt.

Auch hat die PiS-Partei das Renteneint­rittsalter auf 65 abgesenkt und Rentner im Frühjahr mit einer Prämie von 225 Euro beglückt. Mit der Befreiung von der Einkommens­steuer will die PiS-Partei sich zudem die Stimmen von Berufsanfä­ngern bis 26 Jahre erkaufen. Dazu kommt ein Wirtschaft­swachstum, von dem westeuropä­ische Staaten nur träumen können.

Bei einer solchen Bilanz ist es nicht verwunderl­ich, dass die PiS die EU rechts liegen lässt. Doch die Wohltaten ihres Vorsitzend­en und heimlichen Regierungs­chefs Jaroslaw Kaczynski sind teuer, die polnische Wirtschaft ist laut Ökonomen keineswegs stabil. Spätestens wenn das Geld ausgeht, wird die PiS sich daran erinnern, wem sie ihren Wohlstand mit zu verdanken hat – der gescholten­en EU.

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