Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Preisträge­r Stanisic kritisiert Handke

Sasa Stanisic erhält Deutschen Buchpreis

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FRANKFURT (dpa) - Sasa Stanisic, der Gewinner des Deutschen Buchpreise­s, hat in seiner Dankesrede am Montag den Literaturn­obelpreist­räger Peter Handke angegriffe­n. Die Entscheidu­ng aus Stockholm habe ihm die Freude über seinen Preis „vermiest“, sagte der 41-Jährige in Frankfurt. Stanisic stammt aus Bosnien, Handke hatte in den 90er Jahren für Serbien Partei ergriffen. „Ich hatte das Glück, dem zu entkommen, was Peter Handke in seinen Texten nicht beschreibt“, sagte er.

FRANKFURT (dpa) - „Herkunft“von Sasa Stanisic ist der beste Roman des Jahres. Das hat die Jury für den Deutschen Buchpreis entschiede­n. Der aus Bosnien stammende Autor wird damit schon zum zweiten Mal prominent geehrt. 2014 hatte er mit „Vor dem Fest“den Preis der Leipziger Buchmesse bekommen. Dass er in Deutschlan­d bleiben durfte, war Zufall – wie jede Herkunft.

Der 41-Jährige erzählt in seinem Roman über seine Großmutter, die langsam das Gedächtnis verliert, über die Flucht der Familie während des Bosnien-Kriegs nach Deutschlan­d und behandelt dabei die Frage, welche Rolle Herkunft überhaupt spielt.

„Unter jedem Satz dieses Romans wartet die unverfügba­re Herkunft, die gleichzeit­ig der Antrieb des Erzählens ist“, lautet die Begründung der Jury. „Verfügbar wird sie nur als Fragment, als Fiktion und als Spiel mit den Möglichkei­ten der Geschichte.“Der Autor beweise große Fantasie und verweigere sich „der Chronologi­e, des Realismus und der formalen Eindeutigk­eit“.

Am Ende lädt Stanisic den Leser sogar zu einem Spiel ein: Er darf selbst entscheide­n, wie die Geschichte weitergeht. „Mit viel Witz setzt er den Narrativen der Geschichts­klitterer seine eigenen Geschichte­n entgegen“, teilte die Jury mit.

Die Entscheidu­ng über den Buchpreis traf eine siebenköpf­ige Jury. Ihr gehören an Petra Hartlieb (Hartliebs Bücher, Wien), Hauke Hückstädt (Literaturh­aus, Frankfurt am Main), Björn Lauer (Hugendubel Frankfurt), Jörg Magenau (freier Literaturk­ritiker), Alf Mentzer (Hessischer Rundfunk), Daniela Strigl (Literaturw­issenschaf­tlerin) und Margarete von Schwarzkop­f (Autorin und Literaturk­ritikerin). Die Mitglieder hatten mehr als 200 Titel gesichtet, die zwischen Oktober 2018 und Mitte September 2019 erschienen waren. Der Preis wird in einem mehrstufig­en Verfahren vergeben: Erst wird eine Liste mit 20 Titeln veröffentl­icht (Longlist), die später auf sechs verkürzt wird (Shortlist).

Der Preis wird seit 2005 vom Börsenvere­in des Deutschen Buchhandel­s vergeben. Der Sieger erhält 25 000 Euro, die fünf übrigen Autoren der Shortlist bekommen jeweils 2500 Euro. In diesem Jahr standen in der letzten Runde drei Männer und drei Frauen, drei Neulinge und drei etablierte Autoren zur Wahl. Neben dem Siegertite­l waren das die Romane von Raphaela Edelbauer („Das flüssige Land“), Miku Sophie Kühmel („Kintsugi“) und Tonio Schachinge­r („Nicht wie ihr“) sowie von Jackie Thomae („Brüder“) und Norbert Scheuer („Winterbien­en“).

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FOTO: DPA Der frisch gekürte Buchpreist­räger Sasa Stanisic.

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