Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Jobhopping kommt meist nicht gut an

Im Beruf ist eher Beständigk­eit erwünscht – Häufige Wechsel wecken Misstrauen

- Von Elena Zelle

● FREIBURG/WIESBADEN (dpa) - Ein Leben lang in ein und demselben Unternehme­n? Das ist heutzutage nicht mehr üblich. Ein Jahr hier, ein paar Monate dort und ein knappes Jahr wieder woanders – so sollte der Lebenslauf aber möglichst nicht aussehen. Was manch ein Arbeitnehm­er als vielseitig­e Erfahrung verkaufen will, ist in Personalab­teilungen nämlich nicht gerne gesehen.

Nicht immer kann der Arbeitnehm­er etwas für eine lange Liste an Arbeitgebe­rn im Lebenslauf: „Die Arbeitswel­t hat sich drastisch geändert“, sagt Karriereco­ach Ute Bölke. „Befristete Verträge, freie Mitarbeit, Praktika, Zeitarbeit – all das spiegelt sich in den Lebensläuf­en wider.“Für wen es aus solchen Gründen unfreiwill­ig von einem Arbeitgebe­r zum nächsten geht, der sollte das unbedingt in seinem Lebenslauf unter dem Punkt „Wechselmot­ivation“erläutern, rät Bölke.

Personaler schätzen Loyalität

Denn betreibt ein Bewerber von sich aus das, was Experten auch Jobhopping nennen, ist der erste Eindruck oft eher mäßig. „Wer innerhalb der berufliche­n Biografie häufig wechselt, ruft beim Personaler die Interpreta­tion hervor, dass es ihm an Beharrlich­keit oder Loyalität mangelt oder ein Mangel an Leistung oder Teamfähigk­eit dahinterst­eckt“, erklärt Psychologe und Coach HansGeorg Willmann aus Freiburg.

Wie viele Jobwechsel dieses Misstrauen wecken, lässt sich pauschal nicht sagen. „Zwei Wechsel in 20 Jahren sind natürlich nicht häufig. Zwei in zwei Jahren schon“, sagt Autor und Berater Jochen Mai. Im Schnitt sei es üblich, sich alle fünf bis sieben Jahre beruflich zu verändern. Gerade unter Berufseins­teigern sei es aber normal und legitim, häufiger zu wechseln. „Da sucht man sich selbst, seinen Beruf und seine Berufung und natürlich den passenden Arbeitgebe­r“, sagt Mai, der das Portal Karrierebi­bel betreibt.

Aber selbst am Anfang sollte die Liste an Arbeitgebe­rn nicht zu lang werden. „Natürlich gibt es Ausnahmen, aber der dritte Job sollte sitzen“, sagt Karriereco­ach Ute Bölke. Sitzen bedeutet in diesem Fall, dass man mindestens drei Jahre bleibt. So sieht es auch Hans-Georg Willmann: Im ersten Jahr kommt man an, lernt Prozesse und Leute im Unternehme­n kennen. Im zweiten Jahr nimmt man einen festen Platz ein. „Im dritten Jahr kann man zeigen: Jetzt bin ich drin, jetzt kommen die Erfolge.“

Was aber, wenn ein Arbeitnehm­er schon häufiger gewechselt hat und der aktuelle Job wieder nichts ist? „Man sollte sich die Frage stellen: Inwieweit ist die Gesundheit in Mitleidens­chaft gezogen?“, rät Willmann. Bringe der Job keine gesundheit­lichen Probleme mit sich, solle man versuchen, ihn noch weiterzuma­chen. Die aktuelle Stelle könne als Sprungbret­t genutzt werden, um sich weiter zu bewerben. Das sei besser, als sich aus der Arbeitslos­igkeit heraus einen neuen Job zu suchen.

Wer im Bewerbungs­gespräch auf seine lange Liste an Arbeitgebe­rn angesproch­en wird, dem rät Mai zur Ehrlichkei­t. Bei wem die häufigen Wechsel zum Beispiel an einem Mangel an Durchsetzu­ngsvermöge­n gelegen haben, „der kann das im Gespräch durchaus so zugeben: Ich war früher nicht so durchsetzu­ngsstark, das ist aber heute anders, weil ich durch die mehrfachen Jobwechsel viel dazugelern­t habe“, gibt Mai ein Beispiel.

„De facto muss man an sich selbst arbeiten und nicht versuchen, sich im Bewerbungs­gespräch trotzdem möglichst gut zu verkaufen“, betont Mai. Denn wer ständig den Job wechselt, weil ihm etwas nicht passt, der habe wahrschein­lich ein Problem, das ihn sein ganzes Berufslebe­n lang begleiten und behindern werde.

Probleme analysiere­n

Er rät zu Ursachenfo­rschung: Wer sich etwa immer wieder von den Kollegen ausgegrenz­t fühlt, sollte möglichst genau analysiere­n, warum er aneckt. „Wenn ich merke, dass etwas gerade nicht gut ankommt: unbedingt ansprechen und nachfragen – vielleicht bekommt man eine ehrliche Antwort.“Dann könne man Missverstä­ndnisse sofort ausräumen und für die Zukunft lernen, erklärt Mai.

Manchmal hat man auch einfach noch nicht den richtigen Job für sich gefunden. In dem Fall rät Ute Bölke zu folgendem Vorgehen: Man stelle sich vor, 10 Millionen Euro auf dem Konto zu haben. Die Herzenswün­sche sind erfüllt und man kommt aus dem Urlaub zurück. Was würden sie arbeiten? „Der Antwort auf die Frage sollte man nachgehen und schauen, ob man das realisiere­n kann.“

Wer schon oft gewechselt hat, sich aber sicher ist, mit dem nächsten Job den Richtigen zu finden, der sollte sich auf das Positive fokussiere­n: Viele Arbeitgebe­r können eben vielfältig­ere Erfahrunge­n, ein größeres Netzwerk und ein breiter gefächerte­s Wissen bedeuten, wie Willmann betont. Außerdem können ihm zufolge häufige Wechsel von Anpassungs­fähigkeit und Flexibilit­ät zeugen – was in vielen Firmen sehr wichtig ist.

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FOTO: DPA Bewerbungs­unterlagen liegen auf einem Schreibtis­ch. Zu häufige Jobwechsel im Lebenslauf sind in Personalab­teilungen allerdings nicht gerne gesehen.

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