Ganz nah dran an der Perfektion
Zum sechsten Mal in Folge fährt Mercedes zu beiden Formel-1-Titeln – Sebastian Vettel bleibt die Hoffnung auf 2020
SUZUKA (dpa) - Dem launigen Wunsch Sebastian Vettels nach einer Übersättigung der silbernen Formel-1-Dominatoren erteilte Lewis Hamilton sogleich eine Absage. „Selbst wenn wir jedes Jahr Erfolg haben, sind wir noch immer hungrig, noch immer ehrgeizig“, verkündete der 34-jährige Brite die MercedesMaxime nach dem historischen sechsten WM-Double in Serie. Der erneut mit Ferrari geschlagene Vettel hatte nach dem Grand Prix in Suzuka noch gemeint: „Hoffentlich langweilen sie sich allmählich. Wir werden mal sehen, was dann passiert.“
Zwölf Jahre nach dem letzten Fahrer-Titel und elf Jahre nach dem letzten Konstrukteurstriumph für die Roten umschrieb der Hesse später – ernsthaft – schon eher die passende Taktik. „Es geht nicht um eine Sache, die wir verbessern müssen, es geht um viele kleine Sachen, die wir verbessern müssen, jeder Einzelne von uns“, forderte der viermalige Weltmeister nach Platz zwei in Japan. „Ich glaube nicht, dass wir härter arbeiten müssen, sondern ich glaube, dass wir besser arbeiten müssen.“
Cleverness und Effektivität sind nur zwei Komponenten, die Mercedes seinem Verfolger Ferrari noch immer voraushat. Die Scuderia hat in dieser Saison zwar bewiesen, dass sie auf der Motorenseite mindestens gleichauf mit den Silberpfeilen ist. Die Erfolgsmannschaft um Teamchef Toto Wolff besitzt jedoch noch immer das bessere Paket aus Wagenentwicklung, Strategiearbeit und individueller Fahrerleistung. „Uns fehlt noch eine ganze Stange, um wirklich dagegenzuhalten“, meinte Vettel anerkennend. „Von außen betrachtet, sind sie ganz nah dran an der Perfektion.“
Mercedes prägt eine Formel-1Epoche. Seit dem Start in die HybridÄra zur Saison 2014 haben die Silberpfeile 86 von 117 Rennen gewonnen. Unnötig zu erwähnen, dass seitdem auch alle WM-Titel geholt wurden. Schon in zwei Wochen in Mexiko kann Hamilton, der nur noch von seinem Teamkollegen Valtteri Bottas abgefangen werden könnte, seine sechste Fahrer-WM einfahren. Mit dieser Double-Serie hat Mercedes sogar Ferrari unter Michael Schumacher überflügelt. „Die Formel 1 hatte Zeiten der Teamdominanz, aber die Leistung von Mercedes ist beispiellos“, würdigte „The Guardian“in England
„Jede der Meisterschaften fühlt sich aus ganz unterschiedlichen Gründen ganz besonders an. Diese ist so besonders, weil es zu Beginn einer Saison nicht immer leicht ist, sich neu zu erfinden, Ziele zu setzen, die jeden motivieren“, befand Wolff. Auf die Frage, was sein Team auszeichne, sagte er: „Wenn ich es zusammenfassen müsste, wären es die Menschen. Es wäre die Gruppe an Menschen, die an diesem Projekt arbeitet.“
Solch eine ultimative Huldigung würde auch Sebastian Vettel gerne wieder einmal über die Lippen kommen. Sechs Jahre nach seinem fünften WM-Titel noch für Red Bull muss er 2020 in der letzten Saison seines Ferrari-Vertrags den ultimativen Angriff auf Mercedes unternehmen. Sein Projekt „Erster Titel in Rot“will der 32-Jährige aber nicht jetzt in Mexiko einläuten. Aber: Was immer man in diesem Jahr noch lernen könne, müsse man mitnehmen.