Bienen-Volksbegehren liegt auf Eis
Organisatoren wollen mit Land Kompromiss schließen – Unterschriftensammlung ruht
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STUTTGART - Die Initiatoren des Volksbegehrens „Rettet die Bienen“wollen ihre Unterschriftensammlung bis Mitte Dezember ruhen lassen. Das teilte der Trägerkreis am Dienstagabend mit. Er reagiert damit auf einen Kompromissvorschlag für mehr Artenschutz, auf den sich die grün-schwarze Landesregierung zuvor verständigt hatte.
Am Dienstagfrüh haben sich Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), der Umwelt- und der Agrarminister sowie die Fraktionschefs der regierenden Grünen und der CDU auf Eckpunkte zu einer Förderung der Artenvielfalt im Land geeinigt. Der Entwurf basiert auf der Pestizid r edukt ions strategie, auf die sich Agrarminister Peter Hauk (CDU) und Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) nach langem Ringen im Sommer verständigt hatten – erst unter dem Druck durch das Volksbegehren.
Zu den Zielen gehört etwa, die Menge an Pestiziden bis 2030 um 40 bis 50 Prozent zu verringern und den Anteil der ökologisch bewirtschafteten Flächen im selben Zeitraum zu verdoppeln oder zu verdreifachen. Die Ziele im Volksbegehren sind ambitionierter – haben aber bei Landwirten für großen Unmut gesorgt. Einer der Gründe: Das Volksbegehren hat das Ziel, Pflanzenschutzmittel aus Schutzgebieten generell zu verbannen. Nur Ausnahmen sollen nach Genehmigung erlaubt sein. Viele Landwirte – vor allem Obst- und Weinbauern sowie Hopfenpflanzer – sehen ihre Existenz bedroht.
„Das Volksbegehren (...) hat schon jetzt eine Wende in BadenWürttemberg eingeleitet, hin zu einem konsequenten Artenschutz und hin zu einer nachhaltigen und sozialen Landwirtschaft“, erklärte Johannes Enssle, Nabu-Landeschef und einer der Volksbegehren-Sprecher. Für ihr Moratorium bis Mitte Dezember stellen die Organisatoren Bedingungen: Von den Regierungsfraktionen und Landwirtschaftsverbänden fordern sie, sich zum Kompromissvorschlag zu bekennen. Und sie verlangen, bei der Ausgestaltung der Gesetze beteiligt zu werden.
Das gleichnamige Volksbegehren in Bayern war weniger ambitioniert. Die Inhalte sind im Freistaat inzwischen gesetzlich verankert.
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STUTTGART - Die grün-schwarze Landesregierung will durch eigene Ziele für einen besseren Artenschutz das Volksbegehren „Rettet die Bienen“überflüssig machen. Die Maßnahmen, die im Volksbegehren gefordert werden, gehen deutlich über das hinaus, was im gleichnamigen Volksbegehren in Bayern enthalten war und das inzwischen in ein Gesetz gegossen wurde. Was das nun in Baden-Württemberg heißt und wie es weitergeht – ein Überblick.
Was schlägt die Landesregierung ● beim Pestizideinsatz im Vergleich zum Volksbegehren vor?
Bis 2030 sollen 40 bis 50 Prozent weniger Pflanzenschutzmittel als heute auf den Feldern und Äckern im Südwesten landen. Darauf haben sich die Fraktionschefs von Grünen und CDU, der Agrar- und der Umweltminister sowie Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) geeinigt. Das Ziel im Volksbegehren ist ambitionierter: Hier ist von einer Halbierung bis 2025 die Rede. Um zunächst eine Datenbasis zu schaffen, soll ein Netzwerk an landwirtschaftlichen Betrieben geschaffen werden, die über ihren Einsatz von Pestiziden Auskunft geben. Damit die Daten repräsentativ sind, sollen 30 bis 40 Betriebe pro Produkt mitmachen – etwa für Weizen, Mais oder Zuckerrübe.
Wie steht es um den Ausbau des ● Biolandbaus?
Auch hierfür sind die Ziele im Volksbegehren höher gesteckt: Die Hälfte der landwirtschaftlichen Fläche im Südwesten soll bis 2035 ökologisch bewirtschaftet werden. Grüne und CDU schlagen indes vor, den Anteil bis zum Jahr 2030 auf 30 bis 40 Prozent zu steigern. Er liegt derzeit bei rund 14 Prozent. Dafür soll in landeseigenen Mensen – etwa in Universitäten und Behörden – mehr Bio angeboten werden. Zugleich sollen Unternehmen dazu bewegt werden, auch in ihren Kantinen verstärkt ökologische Produkte zu verwenden. Landeseigene Flächen sollen künftig in der Regel an ökologisch arbeitende Landwirte verpachtet werden.
Sind diese Vorschläge der Regierung ● neu?
Nicht wirklich. Auf die meisten Ziele hatten sich Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) und Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) im Sommer geeinigt. Mehr als ein Jahr hatte Stillstand geherrscht, erst unter dem Druck des Volksbegehrens einigte man sich au feine Pestizid r edukt ions strategie. Darin standen auch schon folgende Ziele: Landwirte erhalten mehr Beratung und Finanzhilfen, wenn sie in Technik investieren, die die Menge an Pestiziden reduziert. Auch die beispielhaften Demon st rationsbe triebe, von denen Landwirte praktisch lernen können, waren bereits in der Pestizid r edukt ions strategieent halten.
Sollen die Schutzgebiete im Land ● frei von Pestiziden werden?
Das fordern die Initiatoren des Volksbegehrens – allerdings sollen Ausnahmen möglich sein. Der Kompromissvorschlag der Regierung sieht indes Folgendes vor: In Naturschutzgebieten sollen Pestizide ab 2022 generell verboten sein. In anderen Schutzgebieten sollen die Mittel zwar erlaubt bleiben, aber deren Einsatz reduziert werden. Müsste jede Ausnahmegenehmigung einzeln abgearbeitet werden, wäre das laut Landesregierung ein bürokratisches Monster. 100 Stellen müssten dafür geschaffen werden. Die Unterstützer von „Rettet die Bienen“halten die Zahlen für künstlich hochgerechnet.
Welche weiteren Maßnahmen ● schlägt die Landesregierung vor?
Künftig soll schärfer kontrolliert werden, wie und wo im Land in die Natur eingegriffen wird – etwa bei Baumaßnahmen. In der Regel muss so etwas an anderer Stelle ausgeglichen werden. Dafür werden etwa Streuobstwiesen angelegt oder Flüsse renaturiert. Das Problem bisher ist oft: Nach einigen Jahren weiß niemand mehr, wo solche Flächen liegen und wer sie pflegt. Dafür soll es künftig eine landesweite Übersicht geben. Das Land will zudem die Kommunen in die Pflicht nehmen: Vor Ort soll etwa die Lichtverschmutzung reduziert werden. Die Städte und Gemeinden sollen zudem die Landesbauordnung stärker durchsetzen. Diese gibt nämlich vor, dass unbebaute Flächen als Grünflächen anzulegen sind. Schottergärten sind demnach verboten. Zudem sollen sich die Kommunen um mehr Grün am Straßenrand und auf Verkehrsinseln kümmern.
Tragen die Initiatoren des Volksbegehrens ● die Kompromissvorschläge des Landes mit?
Zumindest liebäugeln sie damit. Zunächst wollen sie zwei Monate lang die Menschen nicht mobilisieren und zum Unterschreiben des Volksbegehrens bewegen. Der Trägerkreis verbucht den Kompromissvorschlag des Landes als Erfolg. „Das Volksbegehren hat schon jetzt dazu geführt, dass sich in Baden-Württemberg was bewegt“, sagt Volksbegehrens-Initiator Tobias Miltenberger.
Wie geht es nun weiter?
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Agrarminister Hauk kündigte auf Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“einen Runden Tisch an. Zu diesem will er alle Akteure einladen – diejenigen, die das Volksbegehren unterstützen, aber auch Landwirtschaftsund Imkerverbände, die sich dagegen positioniert hatten. In dieser Runde will Hauk die Details zu den Eckpunkten erarbeiten. Er macht dabei klar: „Die Eckpunkte sind fest, wir sind nicht zu weiteren Nachverhandlungen fähig.“Die Volksbegehren-Unterstützer fordern, an der Ausformulierung der Gesetzesdetails beteiligt zu sein. Rein formal läuft das Volksbegehren derweil trotzdem weiter. Die Unterschriftensammlung, die bis Ende März läuft, kann nicht mehr gestoppt werden. Falls 770 000 wahlberechtigte Baden-Württemberger unterzeichnen, ist der Landtag in der Zwickmühle. Verabschiedet er den Text nicht als Gesetz, kommt es zur Volksabstimmung. Ist eine Mehrheit der Baden-Württemberger dafür, wird der Text zum Gesetz.