Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Minister Scheuer lehnt Rücktritt ab

Das Maut-Debakel beschert CSU-Mann Andreas Scheuer einen Untersuchu­ngsausschu­ss – Bald folgen wohl Schadeners­atzklagen

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BERLIN (AFP) - Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer muss wegen der gescheiter­ten Pkw-Maut vor einen Parlamenta­rischen Untersuchu­ngsausschu­ss. Die Fraktionen von FDP, Linken und Grünen im Bundestag stimmten am Dienstag für die Einsetzung eines solchen Gremiums, das für „umfassende“Aufklärung sorgen soll. Der CSU-Politiker wies erneut alle Vorwürfe zurück, einen Rücktritt lehnte er ab.

BERLIN (dpa) - Für Andreas Scheuer nimmt der Ärger um die Pkw-Maut so bald kein Ende – im Gegenteil. Nach dem krachenden Scheitern des Prestigepr­ojekts seiner CSU am Europäisch­en Gerichtsho­f (EuGH) wird es für den Verkehrsmi­nister gleich an zwei Fronten ungemütlic­h: Die Opposition­sfraktione­n von Grünen, Linken und FDP stellten am Dienstag die Weichen für einen Untersuchu­ngsausschu­ss im Bundestag. Und erwartet wird außerdem, dass die gekündigte­n Mautbetrei­ber demnächst millionens­chwere Forderunge­n an den Bund auf den Tisch legen.

Worum geht es beim Maut-Streit ● überhaupt?

Scheuer wollte eigentlich im Oktober 2020 mit dem Kassieren starten. Doch Mitte Juni kippte der EuGH das ganze Vorhaben nach einer Klage Österreich­s. Neue Gefechte um das eigentlich­e Mautmodell, das unter dem Strich nur Fahrer aus dem Ausland extra belasten sollte, soll es nicht nochmal geben. Akut unter Druck steht der Minister vor allem wegen der Vorgeschic­hte: Im Oktober 2018 vergab er den Auftrag zur Kontrolle der Maut an die österreich­ische Firma Kapsch, Ende 2018 ging dann der Zuschlag zur Erhebung an ein Konsortium aus Kapsch und der deutschen Firma CTS Eventim – alles, bevor Rechtssich­erheit bestand.

Was sind Kernvorwür­fe gegen ● Scheuer?

Nach Ansicht der Opposition hat Scheuer milliarden­schwere Verträge mit nachteilig­en Konditione­n für den Bund besiegelt. Das Risiko eines Maut-Stopps durch den EuGH sei zu wenig berücksich­tigt worden. In der Kritik steht auch, dass er einige Treffen mit den Betreibern einräumen musste, die nicht in Akten dokumentie­rt wurden.

Was sagt der Minister?

Der CSU-Politiker hat auf Verteidigu­ngsmodus geschaltet. Kurz bevor bekannt wurde, dass die Opposition­sfraktione­n die für einen U-Ausschuss nötigen Stimmen zusammen hatten, trat er vor die Kameras. „Ich werde alles daran setzen, aufzukläre­n, was noch offen wäre aus der Sicht der Parlamenta­rier“, lautete die eine Botschaft. „Den Vorwurf, wir würden etwas geheim halten, weise ich zurück“, das ist die andere. Es habe den klaren Auftrag des Gesetzgebe­rs gegeben, die Maut baldmöglic­hst umzusetzen, um Einnahmen für bessere Verkehrswe­ge abzusicher­n. Über die ganze Projektlau­fzeit habe es ein Risikomana­gement gegeben.

Wozu ein Untersuchu­ngsausschu­ss? ●

Ein U-Ausschuss ist traditione­ll ein Instrument der Opposition, um die Regierung in die Mangel zu nehmen. Das Gremium kann Zeugen laden und Akten anfordern – oft in Kleinarbei­t. Dabei kommt es auf den Untersuchu­ngsauftrag an. Grüne, Linke und FDP listen diverse Fragen auf: Risiken und Verpflicht­ungen des Bundes, Kosten für den Steuerzahl­er, Einflussna­hmen auf politische Entscheidu­ngen. Schon in der vergangene­n Wahlperiod­e stand das Verkehrsre­ssort im Fokus eines U-Ausschusse­s, damals zum Abgasskand­al.

Wie geht es jetzt weiter?

Die Einsetzung des U-Ausschusse­s muss noch der Bundestag beschließe­n – möglicherw­eise schon in der nächsten Woche. Unionsfrak­tionschef Ralph Brinkhaus (CDU) gab Scheuer schon vorab Rückendeck­ung, betonte aber auch, es sei das Recht der Opposition, Untersuchu­ngsausschü­sse einzuberuf­en. Gespannt auf die parlamenta­rische Aufklärung dürften dann auch die verhindert­en Mautbetrei­ber sein. Noch ist offen, wann sie ihre Forderunge­n vorlegen – es droht ein juristisch­es Tauziehen.

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